Per aspera ad astra
Tamino changierend als träumender Tänzer, akkurat gekleideter Sänger und geheimnisvoll raunender Sprecher; dazu von Anfang an ein präsenter Sarastro, das Geschehen steuernder „schwarzer Engel“; dazu eine mysteriöse Bühne mit assoziationsreichen Versatzstücken und rätselhaft psycho-symbolisierenden Kostümen: Von Anfang an wird ein existenzielles Seelendrama zwischen Traum und Tod insinuiert - um dann am Ende der Geisterbahnfahrt durch pseudo-freudianische Ansätze unter dem Konstantinsbogen zu enden: Per aspera ad astra eben, der so grausliche Sarastro entpuppt sich als ein Super-Titus - alles wird gut.
Das Publikum folgt dem irritationsreichen Geschehen erheblich verunsichert, sucht permanent nach der „Erkenntnis leitenden Inszenierungs-Idee“, konzentriert sich schließlich auf die „singenden Menschen“ und die eingängig-geniale Musik. Mit einem resümierenden „gut ist’s ausgegangen“ macht man sich auf den Heimweg.
Peer Boysen deutet den ganz großen Wurf an, verzettelt sich dann aber in bloßes Deklamieren – und decouvriert das ganze Mysterium als ästhetische Dekoration mit einem so gar nicht in die psychologisierende Vorgaben passenden Schluss; da bleiben keine Fragen offen.
Seine Bühne ist von suggestivem Reiz mit dem imaginierenden Wechsel von baulichen Elementen, begrenzenden Vorhängen und herabschwebenden Prospekten im Stil von Renaissance-Stichen.
Und die Kostüme: Grandiose Meisterwerke inspirierender Geisterwelten!
Sängerisch glänzt das Kölner Ensemble mit individuell bestimmten Rollen-Interpretationen: Benjamin Bruns als traumatisierter Tamino mit durchsetzungsfähigem Tenor ohne jegliches „schmalzige“ Timbre; Nina Gravrok als voluminös überzeugende Pamina mit variationsreicher Phrasierungs-Kunst; Agnete Rasmussen als eine aggressive Königin der Nacht mit großartig gelingenden Trillern und Läufen – und ungemeiner Sicherheit in den Höhen; Wilfried Staber als sonorer Sarastro mit eindrucksvoller Modulationskraft; Gerardo Garciacano als variabel intonierender Papageno mit einem stimmlichen Gespür für die emotionale Ambivalenz des „Naturmenschen“; Andrés Felipe Orozco Martinez ist ein sängerisch eindrucksvoll aussagestarker Monostatos; Susanne Niebling gibt der Papagena lustvollen Klang; und Alexander Fedin und Jong Min Lim geben stimmkräftige Geharnischte; die drei Knaben des Kölner Domchors überzeugen mit frischen durchsetzungsfähigen Stimmen - und der Opern-Chor (Leitung Andrew Ollivant) überzeugt mit kollektiv abgestimmter Stimmkraft!
Überraschenderweise benötigt das Gürzenich-Orchester unter Enrico Delamboye einige Zeit, um zu klanglicher Dynamik und intensivem Zusammenspiel zu gelangen; aber während der fast drei Stunden werden die Phasen der schwebenden Musikalität zur Seltenheit, die Streicher sind konstant zu aggressiv, ebenso intonieren Bläser und Schlagwerk häufig zu grobschlächtig – begleiten die Sänger zuverlässig, gelangen aber nie zu einem imaginierenden Mozart-Klang. (frs)
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