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"Gala-Abende", "Feste der schönen
Stimmen" sind gemeinhin Treffpunkte für eingeschworene Fans mit ihren
vergötterten Stars und für Stimmenfetischisten - unkritisch bejubelt,
mit gefälliger Orchesterbegleitung. Ganz anders in Köln, "29. Gala-Abend
für die Freunde der Kölner Oper" mit Halevys "Jüdin" - konzertant aufgeführt
mit den Solisten der Wiener Inszenierung des Kölner Intendanten Krämer:
Da agieren Stars ohne Allüren, singen voller Leidenschaft mit höchster
Konzentration und totaler Rollen-Identifikation!
Neil Shicoff singt den verzweifelt-leidenden Eleazar mit voller Hingabe,
steigert sich in seiner großen Arie in einen wahren Rausch von Stimme
und Ausdruck, die nur als unwiederholbar zu bezeichnen ist; sein Wiener
Premierenauftritt wirkt dagegen "blass". Shicoffs eher sprödes Timbre
wird beherrscht durch einen "leidenden" Unterton, berührt in den dunklen
Untertönen und rührt in den gefühlsbetonten Höhen zu Tränen des emotionalen
Miterlebens - von den technischen Möglichkeiten des abschließenden "D"
ganz zu schweigen; aber die Möglichkeiten der sensationellen Stimme Shicoffs
stehen immer im Dienst der "Rolle" und der Wirkung auf das Auditorium!
Doch ist in diesem besonderen Zusammenhang nicht zu vergessen, dass dieser
sensationelle Shicoff seine Wirkung nur als einfühlsames Mitglied eines
"Ensembles" entfalten kann - einer höchst kompetenten Gruppe selbstbewusster,
phantastischer Sängerinnen und Sänger: Krassimira Stoyanovas warmer Sopran
schildert die Leiden und die Liebe Rahels intensiv und erschütternd; Regina
Schörgs Eudoxie gewinnt mit hinreißenden Variationen eines total beherrschten
Mezzo ungeahnte Differenzierungen (übrigens erheblich gesteigert gegenüber
der Wiener Premiere) - vielleicht engt bisweilen das Regie-Konzept sängerische
Möglichkeiten ein! Zoltan Todorovich hat die strahlkräftigen Potenzen
seines klaren Tenors mittlerweile erheblich gesteigert, gibt den eigentlich
labilen Leopold ungemein voluminös, und Alastair Miles lässt als machtbewusst-zweifelnder
Brogni seinen profunden Bass-Bariton mit herrlichem Legato strömen.
Bis auf Soile Isokoski (Rahel) sind in der einmalig perfekten Kölner konzertanten
Version die Beteiligten der Wiener Premiere in gesteigerter Wirkung zu
erleben.
Das Gürzenich Orchester spielt unter dem "Gala-Spezialisten" Viekoslav
Sutej ungemein wohlklingend, geht auf die Intentionen der Solisten ein,
begleitet ohne Verzicht auf musikalische Eigenständigkeit. Der Chor allerdings
beharrt im "frommen" Gesang, lässt nichts von der aggressiv-mörderischen
Grundstimmung anklingen.
Der wohl einmalige Abend macht klar, dass konzertante Aufführungen auch
solch hochsensible Werke wie Halevys "Jüdin" mit ihren historischen Implikationen
realisieren können! Dazu gehört allerdings auch ein sensibles Publikum
wie das Kölner (von reinplatzenden Ignoranten, mit Taschenlampen Libretto-lesenden
Kretins und im Programm blätternden Außenseitern abgesehen), das ohne
präformierte Jubelstimmung durch intensiven Ausdruck zu begeistern ist
- bis zu "erheblichen" Standing Ovations!
Doch muss in diesem Zusammenhang erinnert werden an die "Wieder-Entdeckung"
der "Jüdin" durch das Bielefelder Theater vor zehn Jahren mit dem inzwischen
verstorbenen James O'Neal als bewegendem Eleazar. (frs) |
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