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Fakten zur Aufführung 

LA JUIVE
(Fromental Halevy)
12. April 2002


Bühnen der Stadt Köln


SENSATIONELL; UNWIEDERHOLBR

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

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Bühne

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Publikum

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"Gala-Abende", "Feste der schönen Stimmen" sind gemeinhin Treffpunkte für eingeschworene Fans mit ihren vergötterten Stars und für Stimmenfetischisten - unkritisch bejubelt, mit gefälliger Orchesterbegleitung. Ganz anders in Köln, "29. Gala-Abend für die Freunde der Kölner Oper" mit Halevys "Jüdin" - konzertant aufgeführt mit den Solisten der Wiener Inszenierung des Kölner Intendanten Krämer: Da agieren Stars ohne Allüren, singen voller Leidenschaft mit höchster Konzentration und totaler Rollen-Identifikation!

Neil Shicoff singt den verzweifelt-leidenden Eleazar mit voller Hingabe, steigert sich in seiner großen Arie in einen wahren Rausch von Stimme und Ausdruck, die nur als unwiederholbar zu bezeichnen ist; sein Wiener Premierenauftritt wirkt dagegen "blass". Shicoffs eher sprödes Timbre wird beherrscht durch einen "leidenden" Unterton, berührt in den dunklen Untertönen und rührt in den gefühlsbetonten Höhen zu Tränen des emotionalen Miterlebens - von den technischen Möglichkeiten des abschließenden "D" ganz zu schweigen; aber die Möglichkeiten der sensationellen Stimme Shicoffs stehen immer im Dienst der "Rolle" und der Wirkung auf das Auditorium! Doch ist in diesem besonderen Zusammenhang nicht zu vergessen, dass dieser sensationelle Shicoff seine Wirkung nur als einfühlsames Mitglied eines "Ensembles" entfalten kann - einer höchst kompetenten Gruppe selbstbewusster, phantastischer Sängerinnen und Sänger: Krassimira Stoyanovas warmer Sopran schildert die Leiden und die Liebe Rahels intensiv und erschütternd; Regina Schörgs Eudoxie gewinnt mit hinreißenden Variationen eines total beherrschten Mezzo ungeahnte Differenzierungen (übrigens erheblich gesteigert gegenüber der Wiener Premiere) - vielleicht engt bisweilen das Regie-Konzept sängerische Möglichkeiten ein! Zoltan Todorovich hat die strahlkräftigen Potenzen seines klaren Tenors mittlerweile erheblich gesteigert, gibt den eigentlich labilen Leopold ungemein voluminös, und Alastair Miles lässt als machtbewusst-zweifelnder Brogni seinen profunden Bass-Bariton mit herrlichem Legato strömen.

Bis auf Soile Isokoski (Rahel) sind in der einmalig perfekten Kölner konzertanten Version die Beteiligten der Wiener Premiere in gesteigerter Wirkung zu erleben.

Das Gürzenich Orchester spielt unter dem "Gala-Spezialisten" Viekoslav Sutej ungemein wohlklingend, geht auf die Intentionen der Solisten ein, begleitet ohne Verzicht auf musikalische Eigenständigkeit. Der Chor allerdings beharrt im "frommen" Gesang, lässt nichts von der aggressiv-mörderischen Grundstimmung anklingen.

Der wohl einmalige Abend macht klar, dass konzertante Aufführungen auch solch hochsensible Werke wie Halevys "Jüdin" mit ihren historischen Implikationen realisieren können! Dazu gehört allerdings auch ein sensibles Publikum wie das Kölner (von reinplatzenden Ignoranten, mit Taschenlampen Libretto-lesenden Kretins und im Programm blätternden Außenseitern abgesehen), das ohne präformierte Jubelstimmung durch intensiven Ausdruck zu begeistern ist - bis zu "erheblichen" Standing Ovations!

Doch muss in diesem Zusammenhang erinnert werden an die "Wieder-Entdeckung" der "Jüdin" durch das Bielefelder Theater vor zehn Jahren mit dem inzwischen verstorbenen James O'Neal als bewegendem Eleazar. (frs)