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Missverständnis
"Celan ist keine szenische Biographie" (Peter Ruzicka) - und Gottfried
Pilz hat in einer Mainz/Darmstädter Produktion das überwältigende Leiden
des Holocaust als unfassbares Verbrechen an den Juden erschütternd vermittelt.
Günter Krämer reduziert diese historische Tragödie auf die Leidensgeschichte
des gepeinigten Celan - ohne die Ursachen seiner existentiellen Schmerzen
als Passion der Juden mitzuleiden. Das tief-drängende "Jerusalem" erscheint
als Choral für gemischten Chor, nach Stop-Trick-Verfahren Hin und Her
der undefinierten Chöre gerät zu einem aussagelosen Arrangement von Frauen
in schwarzen Kostümen und Männern in grauen Dreiteilern (Kostüme Falk
Bauer). Die inhaltlich hilflose Ambivalenz von körperlicher Hektik und
konzertanter Disziplin verweigert sich der emotionalen Totalität.
Ulrich Schulz bietet eine leere Bühne, ganz in Schwarz, drei Säulen mit
aufsteigender orangefarbener Schrift "Der Tod ist ein Meister aus Deutschland",
das epochale Gedicht Celans, stoppt den Textfluss für eine Stunde mit
den Worten "AUS DEUTSCHLAND"; ohne diesen - historisch zwingenden - Zusammenhang
plausibel zu belegen.
Das formidable Gürzenich-Orchester Köln leistet unter Peter Ruzickas authentischem
Dirigat Außerordentliches: Schlagzeug in höchster Intensität, abgründige
Emotionen in den fulminanten Streicherpassagen, hämmernde Cluster artikulieren
Seelenkräfte extremster Anspannung, verweigert sich der individuellen
Tragik, verweist auf epochale Brüche und mobilisiert existentielle Bedrohungen.
Die Solisten vermögen diesen Eruptionen aufwühlende Stimmen zu verleihen
- im 20köpfigen Ensemble ragen Thomas Mohr als Celan, Patricia Roach als
eine Frau, Banu Böke als Hilde besonders hervor.
Schockierend: das Kölner Opernhaus ist zur Premiere nicht voll besetzt,
zur Hälfte noch von Nicht-Kölnern, alle paar Minuten verlassen (weshalb
auch immer) genervte Zuschauer das Auditorium, und so ein offenbar armseliges
Köln will "Kulturhauptstadt Europas" werden - da kann man nur sagen: Gott
bewahre! (frs)
Karten unter (0221) 221 28 400 |
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