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Das ganze qui pro quo
Geschickt setzt Annegret Ritzel das Orchester auf die Bühne hinter einen
Gaze-Vorhang mit akzentuierenden Elementen, schafft so mit dem Proszenium
und dem überdeckten Orchestergraben publikumsnahe Spielräume - riskiert
aber nicht den Aufbruch des Kollektivs.
Thorsten Donat inszeniert empfindsame Personen mit ihren durchaus verwickelt-emotionalen
Beziehungen und erzählt das "ganze qui pro quo" sehr intensiv, mit nachvollziehbar
skeptischer Menschlichkeit, endend mit dem gemeinsamen Bau des Kartenhauses
von Sophie und Octavian. Auch das ist eine "Botschaft"!
Der Darstellungsfreude des engagiert-kompetenten Ensembles kommt dieses
Konzept sehr entgegen. Monica Mascus geht als Octavian in seinen Lieben
auf, bewegt durch ambivalentes Spiel und stimmliche Präsenz; die Sophie
Katrin Bähres ist eine selbstbewusste junge Frau, die sich ihre Liebe
selber sucht, phrasiert außerordentlich variabel; Martin Blasius ist ein
fast burschikoser Ochs, lässt seinen kraftvollen Bass strömen, ohne zu
"röhren"; der Marschallin Barbara Gilberts gelingt die "würdige Haltung"
par excellence, doch fehlt ihrem Sopran die melancholische Gefühligkeit,
klingt allzu angestrengt, mit Alexander Polakovs ist ein äußerst stimmsicherer
Faninal zu erleben - und das Koblenzer Ensemble beweist die Kompetenz
eines ambitionierten Musiktheaters.
Die Rheinische Philharmonie schwelgt unter Anton Marik in Strauss' Melodien,
wirkt etwas uninspiriert, vermittelt aber im dritten Akt engagiertes Zusammenspiel
mit Sensibilität für die klanglichen Brüche.
Im wunderbar stimmungsvollen Koblenzer Theater von 1787 mit seiner intimen
Akustik ist ein bemerkenswert aufmerksames Publikum angetan von der bravourösen
Leistung ihres Theaters. Im übrigen: zwanzigmal "Rosenkavalier" in Koblenz
vor nahezu vollbesetztem Haus - wer hätte das für möglich gehalten! (frs) |
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