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Ost und West
Das Thema der 17. Europäischen Kulturtage ist Istanbul. Wenn in diesem
Zusammenhang eine türkische Regisseurin gebeten wird für das Badische
Staatstheater Mozarts Singspiel "Die Entführung aus dem Serail" zu inszenieren,
ist keine kitschige Interpretation zu erwarten.
Yekta Kara (Inszenierung) versucht mit ihrer Arbeit einen Mittelweg zwischen
einem vergnüglichen Theaterabend und der Behandlung interkultureller Problematiken
zu finden. Die Aufführung bot so Einstiegsmöglichkeiten für jeden Besucher,
war jedoch in ihren Aussagen nicht so pointiert wie teilweise möglich.
Das Bühnenbild spiegelt im 1. Akt den Konflikt zwischen Ost und West wieder,
ist aber im Übrigen im Stil von Wellnessresorts und in der Tradition von
1001 Nacht gehalten. Die Kostüme fügen sich in das Gesamtkonzept ein:
Von traditioneller Kleidung über komplette Verschleierung hin zum westlich
orientierten Hosenanzug. Sehr positiv anzumerken ist, dass auch hier dem
Hang zum Kitsch widerstanden wurde und auch die Ausstattung (Michael Scott)
ein mehr oder weniger harmonisches Miteinander verschiedener kultureller
Werte aufzeigt.
Bereits zu Beginn prallen die verschiedenen Welten aufeinander: Belmonte
(Klaus Schneider) als aufstrebender, businessorientierter junger Mann,
der noch schnell den Börsenkurs überprüfen und Aktien abstoßen muss. Ihm
gegenüber steht ein den traditionellen Werten verpflichteter Osmin (Ulrich
Schneider), der sich nicht aus der Ruhe bringen lässt. Einen Kontrast
zu der ansonsten eher unromantischen Darstellung Belmontes bietet Klaus
Schneiders inniger Gesang. Ulrich Schneider ist ein sonorer Bass. Jedoch
brauchte er etwas Anlaufzeit und konnte seine Fähigkeiten erst im 2. Akt
richtig zeigen. Die Rolle des Osmin fiel durch seine seriöse Umsetzung
aus dem Rahmen üblicher "Entführungs"-Darstellungen. Er war nicht der
trottelige Aufpasser und Macho, sondern eine ernstzunehmende Persönlichkeit.
Pedrillo (Peter Marsh) und Blonde (Ina Schlingensiepen) stellten ein jungendliches
Paar dar. Er in Jeans und Turnschuhen und eher daran interessiert sich
Pornoblättern anzusehen als sich mit der türkischen Kultur auseinander
zu setzen. Sie erinnerte weniger an eine emanzipierte Frau als an eine
pubertierende Teenagerin, die gerne Männer becirct und eingeschnappt ist
wenn es nicht nach ihrem Willen geht. Musikalisch erfreuten beide durch
eine klare kräftige Darstellung. Konstanze (Natalia Melnik) ist in dieser
Inszenierung die einzige Figur, die sich ernsthaft mit der anderen Kultur
zu beschäftigen scheint. Sie ist zudem von Selim Pascha (Jochen Neupert)
sehr angetan und nicht immer von ihrer eigenen Treue überzeugt. Kein Wunder
- denn in wessen Träumen kommt der Ritter mit Handy und Laptop zur Rettung
geritten?
Der Pascha ist das komplette Gegenteil zu Belmonte. Er strahlt Männlichkeit,
Macht, Stärke und Würde aus. Doch zeigt er zum Schluss, dass auch er nicht
in alten Mustern verharrt und dem neuen gegenüber durchaus aufgeschlossen
ist. Man fragt sich nur, weshalb er hierfür seine übliche Kleidung gegen
einen (westlichen) Anzug tauschen musste... Hervorzuheben ist Natalia
Melniks stimmliche Leistung. Sie meisterte hervorragend die Höhen und
die schwierigen Koloraturen des Parts.
Die Musikalische Leitung hatte Anthony Bramall, der das Orchester gewohnt
souverän leitete. Er unterließ jede Romantisierung und dirigierte prägnant
mit einem schwungvollen Grundtempo und einer Betonung auf die militärischen
Elemente. (mf)
Karten unter (0721) 93 33 33 |
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