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Grau
Dass es um emotionale Energie geht, um Gewissen und Macht, um einen archaischen
Kampf der Geschlechter und Generationen im hermetischen sozialen Raum,
zeigt Olaf Zombecks expressionistische Bühne - ästhetisch von hohem Reiz,
mit einem Bretterboden und begrenzenden Palisaden als sprechende Metaphern.
Allein der hoch motivierten Dagmar Hesse gelingt es, Sehnsucht und Verzweiflung
zu vermitteln. Dagegen Marc Hovus und Jewgenij Taruntsov als Tichon und
Boris stimmlich eindimensional und Satik Tumyans Mezzo als Kabanicha klingt
gequetscht; das Haganer Ensemble kommt ohne besondere Akzentsetzungen
über die Zeit, nur Carola Günther als naiv-liebende Barbara überzeugt
mit fein strömendem Sopran. Die Verständlichkeit der deutschen Texte ist
minimal - eine Übertitelung wäre hilfreich!
Rainer Friedemann begreift Janaceks Konstellationen nicht als sinnliche
Herausforderung, sondern inszeniert ein graues Konversationsstück, verlegt
Soli und Duette an die Rampe, lässt im Hintergrund Schattenfiguren auf-
und abtauchen.
Nichts vom Sog dramatischer Wucht auch aus dem Orchestergraben: Antony
Hermus liefert mit dem Philharmonischen Orchester Hagen einen streicherorientierten
fast melancholischen Klangraum, vermeidet die Janacek-typischen schroffen
Brüche und bleibt auch in der brutalen Gewitterszene "zahm".
Das Hagener Haus ist ungewöhnlich schwach besucht - wohl der traditionellen
Ablehnung gegenüber allem nicht Altbekannten geschuldet. Der respektvolle
Applaus bedenkt eine handwerklich korrekte Aufführung mit angemessener
Zustimmung. (frs) |
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