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Mozarts Figaro ist eine Hommage an
die erotische Lebensfreude! Alle Beteiligten suchen die Erfüllung ihres
Trieblebens in vorfreudianischer Zeit, da auch noch Liebesschmerz Lust
bereitet. Dieses wie von selbst laufende Spiel inszeniert Angela Brandt
heiter, jugendlich-forsch, ohne Polit-Abrechnung, setzt auf das Selbstbewusstsein
vertrackter Formen im "Kampf" gegen Pseudo-Machos.
Annabelle Stratenwerth ist eine außergewöhnlich verführerische Susanna,
singt wunderbar rein. Dem eher jugendlichen Grafen Daniel Fiolkas gelingt
es mit ausgewogenem Bariton einen eher unsicheren Almaviva zu zeichnen,
ebenso wie der Figaro Rolf A. Scheiders durch reduzierte Stimmgewalt beeindruckt.
Anette Gerhardt gelingen geradezu betörende Passagen als Gräfin, doch
sie ist nicht nur "leidend", sondern lässt Avancen für den androgynen
Cherobino erkennen. Den präsentiert Kerstin Gescher weitab von aller Routine
als pubertär-liebessuchenden Amor (Susanna: "Sollen Sie gefälligst nicht
so hübsch aussehen!") hinreißend.
GMD Dorian Wilson bietet mit dem federnd aufspielenden Philharmonischen
Orchester Vorpommern ein Musterbeispiel für mozarteskte "Natürlichkeit"
und Beweglichkeit.
Dem entsprechen die luftige Bühne von Peter Heilein (Fassaden, Torbogen,
variable Räume) und die attraktiven zeitgenössischen Kostüme Christine
Beckers - viele Anregungen für die Verzauberung des Publikums.
In Greifswald ist das Theater ganz offenbar ein gesellschaftlicher Mittelpunkt:
Voll besetzt ist das Haus, die Stimmung festlich, die Reaktionen emphatisch,
der Beifall begeistert. Vorpommern ist geographisch weit abgelegen - seine
Oper ganz und gar nicht! (frs) |
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