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Realitäten
Träume, Psychosen, Wünsche, Erinnerungen, Konkretionen: alles vermischt
sich in der Gießener "Martha". Christian von Götz inszeniert ein faszinierendes
"Traumspiel", verweist auf surreale Bilder, zitiert assoziationsreiche
"Vorbilder" - Lyonel in Therapie wie "the rake", Martha á la Tippi Hedren
in den "Vögeln" - und lässt die Personen ohne Glauben an das, was ihnen
geschieht.
Das enorm aufmerksame Publikum erkennt die "Lebenswirklichkeit" dieser
doppel- und dreifachbödigkeit Konstellationen, goutiert dazu die erotischen
und optischen Reize, bedankt sich heftig für einen exzellenten Opernabend!
Rachael Duncan und Henrietta Hugenholtz sind ein attraktives Paar Harriet/Nancy,
bringen die lesbische Boudoir-Szene prickelnd ohne Peinlichkeit auf die
Bühne, bewältigen ihre Rollen stimmlich ausdrucksvoll und vermögen die
Ambivalenzen zu phrasieren. Mit German Villar ist der Idealtyp des Lyonel
zu sehen und zu hören: wie benommen im psychischen Tief, wie in sich gekehrt
in der Therapie, wie aufgekratzt in der Kränkung - mit weichem, doch durchsetzungsfähigem
Tenor.
Die unterschiedlichen Realitsätsebenen werden durch die Bühnenbauten (Boudoir,
Richmond-Markt, Krankenhaus) und die surreal-überdrehten Kostüme Lukas
Nolls absolut deutlich.
Stefan Malzew dirigiert das Philharmonische Orchester Gießen reichlich
hektisch, lässt hinter dem Apblomb der strömenden Meodsk zu wenig Entfaltung!
(frs) |
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