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Verismo - Russisch
Umberto Giordanos (Andrea Chenier) vergessene veristische "Fedora" feiert
im liebenswerten Gießener Theater ihre anerkennenswerte Ausgrabung. Die
melodramatische Geschichte aus dem Russland zur Zeit des Zarenmords an
Alexander II. evoziert Assoziationen an Dostojewski, Tolstoi und deren
Sittenbilder des vorrevolutionären Rußland mit dem weltläufigen Adel an
den Schauplätzen St. Petersburg, Paris und der Schweiß - darin die rächende
Fedora, verstrickt in Schuld und Sühne.
In Geißen spielt das Drama der Gefühle auf einer schwarz-weißen Bühne
mit beweglichen metaphorischen Versatzstücken mit viel Drehbühnen-Gekreisel
schräger Flächen, erreicht im Schlussbild mit pseudo-idyllischer Rosenwiese
vor dräuenden Felswänden den optischen Höhepunkt (Stefan Rieckhoff).
Helmut Polica scheint sich nicht klar für eine Welt der (Opern-)Gefühle
entscheiden zu können, bricht immer wieder aufkeimendes Mitleiden durch
ironisierende Effekte. Das Philharmonische Orchester Gießen geht die vielschichtige
Giordano-Partitur mit ihren eklektizistischen Elementen eher behutsam
an, als ob Gabriele Belline der emotionalen Herausforderung nicht ganz
traut.
Sabine Paßow spielt und singt die Fedora mit viel Sensibilität für die
gebrochene Heldin, changierend zwischen dem immer präsenten russischen
Klischee und der veristischen Herausforderung. German Villar lässt einen
wohlklingenden Tenor hören, dem allerdings die dramatische Phrasierungskunst
der Nach-Belcanto-Ära abgeht.
Das Publikum im ausverkauften (!) Haus folgt der Ausgrabung hingebungsvoll,
man spürt die Identifikation mit dem "eigenen Theater", auch wenn die
Frage "Warum wird diese Geschichte erzählt?" nicht schlüssig beantwortet
wird. (frs) |
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