Belcanto in Gelb
Gelb ist der Vorhang; gelb ist die Bühne mit gelben Wänden, Schrägen, Treppen; gelb ist die Blende, die sich vor dem Chor auf Zuschauer-Tribünen schiebt. Carl Friedrich Oberle baut um eine gelbe Skulptur die Räume für ein distanziert-symbolisches Spiel.
Rosamund Gilmores Regie traut der Assoziationskraft der Zuschauer viel zu: wie hilflos Abhängige bewegen sich die dramatis personae in kargem Gelände, sparsam-andeutend die Bewegungen und Gesten.
Zu hören ist perfekt-verinnerlichtes Belcanto; keine Stimm-Ausstellungen, keine brutale Stimm-Akrobatik - stattdessen Singen con anima, gefühlvoll phrasierend, brillant in der Stimmfärbung, agil in den Belcanto-Verzierungen - vor allem: klangschön! Jason Stearns mit kraftvoll-voluminösem Bariton als Luna; Hrachuhi Bassenz als differenziert-emotionale Leonora; Anna Agathonos als ambivalent-ausdrucksvolle Azucena; und Jose Azocars Manrico mit glänzend geführtem Tenor - sie alle belegen die Kompetenz des MiR in Sachen Belcanto!
Der Neuen Philharmonie Westfalen gelingt unter Johannes Wildner eine inhaltsbezogene Interpretation, wenn auch bisweilen ein wenig mehr Dezenz angezeigt wäre.
Das erfahrene Gelsenkirchener Publikum steckt den ersten Schock des blendenden Gelb rasch weg, vertraut seinen Erfahrungen mit MiR-Überraschungen und kostet den Genuss des reflektierten Belcanto-Gesangs aus, sehnt sich nicht nach naturalistischer Story, dankt mit intensiver Teilnahme und feiert die Protagonisten. (frs)
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