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Kontra-Perspektiven
Da obsiegt zuerst der clevere Bürger über den dekadenten Adligen, dann
überlistet der pfiffige Underdog die raffgierigen Besitzbürger. Zemlinskys
Florentinische Tragödie versieht Oscar Wildes lakonische Rhetorik mit
spätromantischem Klangrausch; Puccini entwickelt mit Dantes Episode den
italienischen Verismo weiter - hörbare Perspektivwechsel von hoher Sensibilität.
Diese musikalischen Stilwechsel vollzieht die Neue Philharmonie Westfalen
unter dem wie immer lustvoll agierenden Johannes Wildner in brillanter
Perfektion, immer am emotionalen Gehalt der Musik orientiert.
Dieter Kaegis Regie bleibt konventionell-indifferent: blass die Figuren
im tödlich endenden Kampf, gestellt das Gewusel der Akteure im turbulenten
Kampf ums Erbe - die Darsteller bleiben alleingelassen, weder morbide
Spannung noch hintergründige Komik wollen aufkommen.
Als "Kampfplätze" baut Stefanie Pasterkamp zwei uninspirierende Wände,
in der Tragödie offenbar kontrastierend mit Stoffblumen geschmückt in
hellem Licht, in der Komödie voll gestellt mit Requisiten und dem unvermeidlichen
Bett für Gianni Schicchi - all dies ohne Witz und nicht vermittelter tieferer
Bedeutung.
Jee Hynn Kim beeindruckt mit kernigem Bariton als subtil rächender Simone,
Burkhard Fritz präsentiert seinen glänzenden Tenor als arrogant-hilfloser
Guido und Noriko Ogawa-Yatake verleiht der treulosen Bianca elegische
Töne. Nikolai Miassojedov chargiert als Schicchi, bleibt stimmlich unter
seinem Standard, Regine Hermanns Lauretta ist niedlich-schüchtern, in
ihrer "Liebeserklärung" an ihren Vater entsprechend ohne Bravour, ihr
Duett mit Burkhard Fritz (Rinuccio) ist sängerischer Höhepunkt des Abends,
das erprobte Ensemble kommt routiniert über die Runden.
Bewundernswert das anhängliche Gelsenkirchener Publikum: im MiR ist Heimspielatmosphäre!
(frs)
Karten unter (0209) 40 97 200 |
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