Ausdruck seelischer Bewegungen
Das ist nun wirklich ein Gegensatz: Während sich auf der Einslive-Jubiläumsparty im großen Saal der Philharmonie die Popkultur der letzten zehn Jahre ausgiebig feierte, wurde fast unbemerkt im kleinen, gediegenen RWE Pavillon Schönbergs „Pierrot Lunaire“ aufgeführt.
Und zur Popkultur darf man diese 21 vertonten Gedichte von Albert Giraud (in der Übersetzung von Otto Erich Hartleben) gewiss nicht zählen, das gilt bereits für den Zeitpunkt der Uraufführung. Denn mittlerweile ist man sich einig, dass „Pierrot Lunaire“ zu den bedeutendsten Kompositionen des 20. Jahrhunderts gezählt werden darf.
Mit Salome Kammer war die Aufführung ideal besetzt. In kompetenter Weise setzte die Schauspielerin und Sängerin das um, was Schönberg selbst vorschwebte, nämlich Klänge als „geradezu tierisch unmittelbarer Ausdruck sinnlicher und seelischer Bewegungen“. Was Kammer macht, ist nicht bloß Rezitation von vertonten Texten. Nein, sie inszeniert diese mit einem Höchstmaß an Gestik und Mimik. Und: Salome Kammer nutzt auch unterschiedliche Stimmfärbungen, um den vom Komponisten geforderten Ausdruck möglichst breit zu fächern. Das zeigt sie bereits in den zu Beginn vorgetragenen Brettl-Liedern.
Einen kompetenten Partner hat Kammer im Linos-Ensemble. Die ausgezeichneten solistischen Qualitäten der einzelnen Musiker (Konstanze Eickhorst begleitet die Brettl-Lieder am Flügel) kommen hier deutlich zum Tragen. Und: Im Trio Es-Dur (KV 498) von Wolfgang A. Mozart beweist das Ensemble, dass es auch in der Klassik zuhause ist.
Viel Beifall gab es vom Publikum, das zu dieser späten Stunde (22 Uhr!) überraschend zahlreich erschienen war. (cd)
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