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HARMLOS
Als "lustvolles Liebesexperiment"
angekündigt, gerät "Ottone in Villa", eine von mehr als 50 Vivaldi-Opern,
trotz Travestie, Nymphomanie und gefährlicher Liebschaften zu einer harmlosen
Kindergeburtstagsparty.
Andreas Spering spielt mit den Barocksolisten der Essener Philharmoniker
flüssig und munter - Barock, wie es der Vier-Jahreszeiten-Hörer mag.
Das Ensemble spielt anmutig und verströmt wohltuend klingenden Gesang
- spielerisch die Koloraturen auskostend, verliebt in die weichen Bogen
der Harmonien.
Philipp Himmelmann inszeniert das eigentlich frivole Spiel um den genusssüchtigen
römischen Kurzzeit-Kaiser Otho allzu bieder, ohne erotische Anzüglichkeiten,
eben uncool.
Die Bühne Hermann Feuchters ähnelt dem Hauptsaal der vielen Palladio-Villen
in Vicenza, dem Uraufführungsort der Vivaldi-Oper - starr, opulent, ohne
Ausstrahlung.
Die Dramaturgie beschreibt den Aufführungsort von 1713 als winziges italienisches
Rangtheaterchen; sie erwähnt den Auftritt eines "Soprankastraten"; und
sie betont immer wieder die sexuellen Zweideutigkeiten, das promiskuitive
credo, den prickelnden Genuss, das Laszive überhaupt. Aber gespielt wird
im monumentalen Aalto, ein Countertenor ist nicht wahrzunehmen - und das
Laszive?
Doch gemäß der Aalto-Rituale geraten 1100 Vivaldi-Opern-Experten ins Schwärmen,
dabei haben sie während des 1. Aktes nicht mal die Übertitel lesen können,
weil nicht bedacht wurde, dass eine hellerleuchtete Bühne die mattschimmernde
Schrift überstrahlt! (frs)
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