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Choroper konzertant
Schade, dass es in Essen nicht zur szenischen Umsetzung reicht (wie an
der Deutschen Oper Berlin) - so wird Verdis Requiem konzertant zu einem
Triumph von Solisten, Chören und Orchester. Für religiöse Fundamentalisten
grenzt Verdis kompositorische Wucht an Blasphemie - und in der Tat: von
frommer Einfalt und tiefem Glauben ist wenig zu spüren, aber existentielle
Ängste, verzweifelte Klagen, brutale Gefährdungen werden hörbar!
Hervorragend wie Kerstin Schüssler die Opern-Bezüge in Verdis Requiem
im Programmheft erklärt - und wie dieses Verständnis mit der erlebbaren
Aufführung korrespondiert!
Stefan Soltesz - wie sollte es anders sein - holt mit den präzisen Essener
Philharmonikern die essentiellen Effekte der weiß Gott nicht demütigen
Komposition plakativ hervor. Vor allem die Holz- und Blechbläser beweisen
ihre außergewöhnliche Leidenschaft für beklemmende Intensität.
Dabei ist ein hochkarätiges (Opern-)Solisten-Ensemble ein engagierter
Partner: Miriam Gauci, Ildiko Szönyi, Morislav Dvorsky und Marcel Rosca
interpretieren die auf wühlenden seelischen Prozesse in höchster Intensität,
beweisen Stimmkompetenz und vermitteln archaische Lebensängste par excellence.
Die Chöre - Philharmonischer Chor, Essener Musikverein und der Opernchor
- sind hochpräsent, reagieren auf die Orchester-Klangwelten und die Solisten-Klagen
mit szenischer Intensität: nicht misszuverstehen als die Stimme der ecclesia
triumphans!
Die elementare Kraft dieser ungemein sorgfältig vorbereiteten Requiems
mit seinen opernhaften Eruptionen vermittelt sich einem atemlos folgenden
Publikum, das am Schluss - irritiert - erst durch Soltesz zum mächtig-anschwellenden
Applaus "freigelassen" werden muss. (frs) |
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