Gegensätze in der Kunst
Es ist eine der animierenden Opern-Produktionen der leistungsstarken Essener Folkwang-Hochschule; und es ist gelungen, mit David Freeman und Duncan Hayler weltweit renommierte Akteure für Regie und Bühne zu gewinnen – für die avancierten Gesangssolisten und Orchestermusiker mit Sicherheit eine nachhaltige Erfahrung!
Marisa Ammann gibt einen Komponisten mit äußerster Leidenschaft für das geschaffene Werk, brillant in ihrer stimmlichen Prägnanz - in ihrem Engagement nicht zu bremsen durch Torben Jürgens, den opportunistischen Musiklehrer mit beeindruckend voluminösem Klang. Migena Gjata ist eine außerordentlich koloraturensichere Zerbinetta, ein erotisch-freies Wesen, unbefangen-selbstsicher in Darstellung und Gesang. Das kontroverse Paar Ariadne/Bacchus findet in den typengerecht-karikierenden Engjellushe Duka und Julian Küper angemessene Entsprechung: beide als Repräsentanten eines Gegensatzes künstlerischer Existenz, stimmlich auf hohem Niveau mit viel Verständnis für die inszenatorisch geforderten Nuancen im gesanglichen Ausdruck. Eindrucksvoll die Besetzung der vielen Rollen durch die engagiert agierenden Studierenden der Folkwang-Hochschule!
Xaver Poncette intoniert mit dem Orchester der Folkwang-Hochschule einen differenzierten Strauss-Klang, lässt den einzelnen Instrumenten viel Freiheit zur Demonstration ihrer virtuosen Fähigkeiten, leitet aber auch konsequent zu kontrolliertem Zusammenspiel - und das gelingt den jungen Orchester-Musikern bei allen Herausforderungen mit schwelgenden Tutti und eruptiven Passagen permanent mit großem Erfolg.
Duncan Hayler muss nach der Vernichtung des gesamten Folkwang-Fundus durch den Brand im Februar 2008 mit sparsamsten Mitteln arbeiten. Er reduziert die Bühne auf ein kontrastives Bild in Schwarz-Weiß, stellt mit sparsamsten Mitteln Stadtpalast-Ambiente und Naxos-Insel abstrahierend-assoziativ auf die Bretter.
David Freeman inszeniert das Zusammentreffen der so unterschiedlichen Kunst-Gattungen als immerwährenden Gegensatz künstlerischer Konstruktionen im Zusammenhang von Realität und Täuschung – und lässt das Durcheinander in einer wilden Prügelei zu dem kommandierten Feuerwerk effektvoll-drastisch enden.
In der Neuen Aula versammeln sich die eingeladenen Spender zur Beseitigung der Schäden des zerstörenden Brandes und – natürlich – viele Mitglieder der Hochschule. Und es verwundert immer wieder, wie schlaumeierisch sich diese „Experten“ während der Aufführung kommunikativ verhalten: da werden die Köpfe zusammengesteckt, da wird ungeniert kommentiert.
Die Kunst der Rezeption gehört offenbar nicht zu den vermittelten Disziplinen der Hochschule. (frs) |