Sänger auf Rollensuche
Es ist wie bei Konwitschny: Auflösung der Konstrukte, scheinbar alberne Spiele auf der Bühne, dadurch neues Verständnis konventionalisierter Stereotype inklusive derer Auflösung. Und Vera Nemirova ist eine selbstbewusst-autonome Schülerin des Großmeisters provozierender Regiearbeit. Ihre Oper beginnt mit einer Truppe arbeitsloser Sänger, die beim Rollen-Suchen die Zauberflöte erfinden – brillant (aber auch orientiert an Harry Kupfers „Fidelio“-Konzeption an der Berliner Komischen Oper; kürzlich nachvollzogen in Esterhazys „Acquanetta“ in Aachen).
Die Bühne Klaus Werner Noacks bleibt funktionell mit prägnanten Elementen, bietet Raum für intensives Spiel der Akteure.
Das Landestheater Eisenach bietet ein spielfreudig-stimmtypisches Ensemble auf: Edilberto Regalado Ordoñez als lyrischen Tamino, Sabina Martin als respektable Pamina, Alexandra Lubchansky als zürnende Königin der Nacht, Bernhard Leube als zweifelnder Sarastro – die übrigen Rollen im engagierten Einsatz.
Die musikalisch offene Landeskapelle Eisenach spielt unter Wolfgang Wappler äußerst flott, ohne den erforderlichen Mozart-Glanz zu transportieren.
Das traditionsbewusste Eisenacher Publikum ist nach sympathisch-persuasiver Ansage des Intendanten Michael W. Schlicht zur Auseinandersetzung bereit, ist vom Ungewöhnlichen am Ende nicht überzeugt, aber akzeptiert das Gebotene mit respektvollem Beifall. Das Haus hat eine Chance! (frs)
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