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ZEITGEIST VERFREMDET
Eine phantasievoll-kommunikative Bühne
muss her, eine überraschende Inszenierungsidee und ein kreativer Regisseur
- und siehe da, auch in Edinburgh wird gejubelt (was Wunder nach drei
trockenen dokumentarisch-konzertanten Opern!).
Stephane Braunschweigs "Zauberflöte" ist solch ein Bauch und Kopf mitreißendes
Ereignis; vor zwei Jahren im provisorischen Palafenice auf dem Tronchetto
Venedigs wirkte alles ein wenig deplaciert - im Festival Theatre mit seiner
angemessenen Bühne und dem klassischen Opern-Ambiente vermittelt die schwarze
Bühne mit einem Bett, ihren Versenkungen und sechs Monitor-Türmen gerade
im Kontrast ein ästhetisches Erlebnis von großer Delikatesse.
Stephane Braunschweig erzählt die Liebesgeschichte des einsamen Tamino
und den begehrten girl next door (Pamina) als Reise durch Hindernisse
bis zum konkreten Ende: beide im Schlusstableau engumschlungen im Bett!
Gespielt wird diese "große Liebe" von einem lustvollen Papageno; und die
hohen Ideale Sarastros sowie die Abgründigkeiten der Königin der Nacht
werden durchaus als esoterische Zaubereien paraphrasiert. Das Spiel mit
der Hoffnung auf unpathetische Mitmenschlichkeit überzeugt ein intensiv
nachvollziehendes Publikum (präzise Übertitel in Englisch!)
Bei dem jungen emotionalen Ensemble der Aix-Akademie und des Opernstudios
Lyon besteht nie die Gefahr statuarischen Schöngesangs; dennoch sind die
Stimmen nicht nur frisch und unverbraucht, sie haben vielmehr alle die
Zukunft vor sich - ganz besonders Stéphane Degout als überaus origineller
Papageno. Mit Mark Adler gibt es einen Tamino, der mit dieser Rolle in
Hilsdorfs Gelsenkirchener Inszenierung reüssierte.
Das Scottish Chamber Orchestra hat mit der Ouvertüre Probleme, gewinnt
aber unter David Sterns umsichtiger Leitung immer mehr an Leichtigkeit
und trägt mit präziser Intonation und lustvoller Instrumentalisierung
den wunderbaren Opernabend zum musikalischen Erfolg. (frs)
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