A la Boulevard
Nix is mit orientalischem Flair, mit problematischen aktuellen Bezügen, mit clash of civilizations, mit psychologischer Raffinesse - Tobias Richter erinnert sich vielmehr der screwball-comedy der 50er Jahre und inszeniert ein Boulevard-Stück mit allen Ingredienzien des Tür-auf-Tür-zu, des Wer-mit-Wem?, der allbekannten Klischees von eifersüchtiger Ehefrau, spinnösem Dichter, gehörntem Ehemannn, dem obligaten „Überraschungsgast“. Das geht locker über die Bühne – verleugnet nicht die kalkulierte Belanglosigkeit ohne provozierende Komik.
Gian Maurizio Fercioni baut ein entsprechendes Gehäuse mit Bar, Lobby und opulenter Architektur – ein Boulevard de luxe – und steckt die Personen in buntes 50er-Jahre-Outfit.
So bleibt der thrill der Aufführung bei Rossinis musikalischem Ingenium: und der funktioniert großartig!
Die Düsseldorfer Symphoniker legen sich temporeich ins Zeug, Alexander Joel sorgt für animierende Dynamik, lässt den Instrumenten viel virtuosen Raum und garantiert eine hinreißende Balance von Graben und Bühne.
Marlis Petersen ist eine klischeehaft-kokette Fiorilla, bezirzt die tumbe Männerclique – aber fasziniert vor allem mit Belcanto, dem keine Schwierigkeiten in Sachen glänzenden Höhen, geläufiger Mittellage, perlenden Läufen, glitzernden Koloraturen und souveränen Fiorituren fremd sind. Tomasz Konieczny gibt dem Selim komödiantische Statur, verleiht ihm profunde Stimm-Kultur mit flexibel-variantenreicher Tiefe und durchaus locker-heiterem Grundton. Das Düsseldorfer Ensemble besticht insgesamt mit geradezu sensationeller Kompetenz für die emotionalen Schwingungen der Rossini-Komposition: Alberto Rinaldi als „quängelnder“ Geronio; Antonis Koroneos als tenoral-strahlender Liebhaber Narciso; Katarzyna Kuncio als zickig-phrasierende Zaida; Bruno Taddia als brillant-artikulierender Prosdocimo; Fabrice Farina als Albazar und Harald Beutelstahl in der stummen Barkeeper-Rolle vervollständigen das wunderbare Ensemble.
Für das unterhaltungssuchende Publikum ist der „Turco“ ein schönes Weihnachtsgeschenk – man erlebt einen leichten Abend, sieht schöne Menschen auf der Bühne, hört zauberhaften Gesang und exzellente Musik - und fühlt sich in seinen Erwartungen an eine opera buffo bestätigt.
Das ist schön - aber der Aufwand dafür ist sehr groß! (frs)
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