Last und Trost
Pierre Bourdieus realitätskritischer Text „Vom Elend der Welt“ (1993) lässt Stimmen aus der Alltagswelt von Büro, Fabrik und Handel authentisch artikulieren. Bachs Kantaten und Geistliche Lieder geben dem unsterblichen Wunsch nach Hoffnung und ergreifenden Ausdruck. Beide Dokumente humaner Weltsicht werden von Laura Berman und Thomas Krupa in kalkuliertem Kontrast zusammengeführt.
Ein siebenköpfiges Regieteam (Amelie Niermeyer, Andreas Stoehr, Andreas Jander, Valerie von Stillfrieden, Andrea Zimmermann) inszeniert ein kommunikatives Spiel zwischen fünf Schauspielrn und vier Sängern. Die Szene ist ein zerlegtes Schuhgeschäft (in dem sich die Akteure während eines Stromausfalls befinden), davor ist das Orchester platziert.
Das Schauspieler-Ensemble (Katherina Lange, Melanie Kretschmann, Denis Geyersbach, Barbara Teuber und Matthias Leja) vermittelt mit viel Empathie die Last der brutalen Arbeitswelt mit ihrer Vereinsamung ohne soziale Solidarität.
Sie werden zusammengeführt mit Sängern (Iwona Lesniowska, Lea Pasquel, Sergej Tkachenko, James Martin), die hingebungsvoll Rezitative und Arien aus einem guten Dutzend thematisch belangvoller Bach-Kantaten vortragen.
Die Mitglieder der Düsseldorfer Symphoniker spielen verhalten-intensiv die tief-religiös emotional-mitleidende Bach-Musik. Ein Hauch von oratorischer Frömmigkeit weht durch das Kleine Haus des Düsseldorfer Schauspiels.
Das aufregend gemischte Publikum – Schauspiel-Freunde und Bach-Kenner – folgt anderthalb Stunden lang mit großem Interesse. Offenbar gewinnt das Zusammenwirken von Schauspiel, Gesang und Musik hohe Zustimmung. Aber auch die poetische Erinnerung an die existenziellen Fragen des Leidens in der ökonomisierten Welt erfüllt den Wunsch nach durchaus parteiischer Nachdenklichkeit.
Amelie Niermeyer findet mit ihrem Spielplan an Rhein-Ruhr positive Resonanz! (frs)
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