La Traviata de Buenos Aires
Ideenlos, leidenschaftslos, harmlos - so präsentiert die Oper Dortmund Piazzollas geniales Werk zum Myterium des Tango.
Das Dilemma beginnt schon mit dem Konzept, das sich dem Mythos verweigert, stattdessen die trostlose Lebensgeschichte einer „Gestrauchelten“ ohne große Anteilnahme erzählt.
Anja Nicklichs erste Opernregie gerät zum szenischen Desaster, die Figuren gewinnen keinen Charakter, können auch nicht den Hauch des mysteriösen Faszinosums eines Tanzes als morbides Lebensgefühl vermitteln, verlieren sich in eine Darstellung des belanglosen Als-Ob. Michael Ihnows Choreografie mit seinen immer wiederkehrenden Figuren kann da auch nicht helfen.
Die bühnenhohen Palisanderwände von Stefanie Klie wirken wie eine 60er-Jahre Schrankwand mit herausgeklapptem Bett; die „Geister“ geistern wie verirrte Samurai umher – von mystischer Atmosphäre keine Spur.
Die deutschen Übertitel des Lunfardo-Jargons wirken wie vom Computer übersetzt – unpoetisch, holprig, z.T. hanebüchen.
Gilda Rebello nutzt bisweilen die Chance, ihrer rauen Stimme das geheimnisvolle Etwas des Mysteriums „Maria“ zu geben. Andreas Wolfram gibt den verschiedenen Rollen undramatisch-ausgeglichenen Klang. Justo Moret Ruiz – der Duende mit Hosenträgern – kommt monoton psalmodierend daher, vermasselt seine Auftritte im Stil eines überschätzten Conferenciers.
Musikalisch spielt die „Tango-Gruppe“ der Dortmunder Philharmoniker unter Günter Wallner wie eine routinierte Bar-Combo; was an überwältigender Emotionalität in Piazzollas raffiniert verfremdeter Tango-Musik steckt, muss man sich dazuhören.
Im halbgefüllten Dortmunder Opernhaus herrscht gedämpfte Stimmung – vor allem die musiktheater-unerfahrenen Tango-Freaks werden nicht in Stimmung versetzt. Höflicher Applaus. (frs)
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