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Aggressionen
Silbergraue Lamellenwände schaffen im ersten Akt einen undefinierbar-weiten
Raum - in dem sich auch die Stimmen verlieren - erst schwarze Vorhänge
à la Kamera-Sektorenblenden schaffen die bedrängende Enge (Bühne: Christian
Rinke). Als assoziationsreiches Symbol ragt ein riesiges Mühlrad in die
Bühne, das sich im dramatischen Finale zu drehen beginnt.
Vom Text ist kaum ein Wort zu verstehen, und so erlebt der Zuschauer ein
Panoptikum aggressiv-rasender Wesen; es bleibt rätselhaft, welcher Furor
die Personen gepackt hat - es wirkt wie eine anthropogene Konstante. Doch
gelingt es Christine Mielitz durch intensive Konstellationen, die Existenzen
als Produkt musikalischer Intentionen zu dramatisieren - doch bleibt die
Frage: Was treibt sie an?
Alexander Winterson dirigiert das harmonische Philharmonische Orchester
zu einem charakterisierenden Klang, vermag Janaceks Intentionen mit treffenden
Einsätzen der Instrumente verständlich zu vermitteln.
Das Ensemble der Dortmunder Oper ist darstellerisch voll auf der Höhe,
skizziert die Aggressivität mit voller Hingabe und entwickelt durchaus
individuelle Formen des allgemeinen Horrors. Doch gesanglich bleiben Wünsche
offen: Rebecca Blankenships Küsterin wirkt mit ihrem hochdramatischen
Sopran allzu exaltiert; Alexander Fedins Stewa kommt als enger Tenor daher.
Doch verfügt Frank von Aken als emotionaler Laca über ein bravouröses
Stimmformat; und Elena Nebera vermag der Jenufa stimmliche Differenzierungen
zu geben, ungemein eindrucksvoll in den locker geführten kritischen Höhen.
Das Haus ist nicht voll besetzt; das angereiste Publikum - überraschend:
Busse, viele EN, MK, HAM, SO, BO - Autos in der Tiefgarage - reagiert
während der Aufführung sehr gespannt, vermisst aber die Verständlichkeit
der Texte; eine essentielle Aussage wird nicht erkannt. Respektvoller
Applaus. (frs) |
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