Fidelio in Dinslaken
Dinslakens Kathrin-Türks-Halle ist nicht der Ort gewachsener Opern-Kultur, eher eine triste „Stadthalle“ mit viel Beton – aber ein viel besuchter Treffpunkt der städtischen Kultur-Szene mit wichtigen Ausstellungen, Schul-Theater, Kabarett, Konzerten und den üblichen Gastspielen mit „exotischen“ Produktionen (wie Schwanensee der Tatarischen Staatsoper Kasan), ein „Vieles für alle“ eben.
Und da kommt die Detmolder Oper mit einem Fidelio (Premieren-Besprechung hier), der alle Konventionen missachtet. Kay Metzger leitet kurz ein, akzentuiert das Fehlen der üblichen Gefängnis-Situation, verweist auf die tiefe menschliche Problematik, mit dem Verschwinden eines Menschen fertig zu werden.
Das Publikum – eben nicht die abgeklärten Regietheater-Freaks, aber auch nicht die selbstsicheren Alt-Abonnenten vieler Stadt- und Staatstheater – reagiert überrascht, braucht einige Zeit, um mit den eigenen Erwartungen abzuschließen; lässt sich dann aber auf die vorgeführte Konzeption aufmerksam ein. Die imaginativen Bilder persönlicher Leiden mit ihren quälenden Ambivalenzen wirken betroffen-machend, wühlen auf und provozieren offensichtlich das Erinnern an eigene Erfahrungen. Lastende Spannung und während des Handlungs-Ablaufs nicht zu entschlüsselnde „Geheimnisse“ lösen intensive Gespräche aus. Nachhaltig bleibt der Eindruck, etwas Außergewöhnliches erlebt zu haben!
Im höllisch beschäftigten Detmolder Ensemble – Aufführungen an vier Abenden in Folge an vier verschiedenen Orten! – singen Kai Günther als aggressiver Pizarro, Markus Gruber als verunsichert-machohafter Jaquino, Kyung-Won Yu als kalmierender Minister – Johannes Harten, Brigitte Bauma, Vladimir Miakotine und Kirsten Höner zu Siederdissen sind die darstellerisch und stimmlich überzeugende Premieren-Besetzung.
Und das Orchester unter Erich Wächter spielt couragiert auf – wie unter Premieren-Spannung!
Nicht unwahrscheinlich, dass solche Art des sprachlos machenden Musiktheaters in Dinslaken neue Bewunderer gewonnen hat. Schade, dass die „Detmolder“ davon nicht profitieren können, jedenfalls nicht in Dinslaken. (frs)
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