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Fakten zur Aufführung 

DIE ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL
(Wolfgang Amadeus Mozart)
15. Dezember 2007 (Premiere)

Landestheater Detmold


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Terror

Vergitterte Zellen, Natodraht-Zäune, islamistischer Terror – aber auch weibliches Selbstbewusstsein, bukolisches Besäufnis, elementare Gefühle: Hinrich Horstkotte verwirrt Mozarts Idealismus, aktuelle Impressionen, ganz persönliche Empfindungen, politische Deutungen zu einem schrillen mixtum compositum von „Dokumentar-Oper“, Psycho-Drama und Klamotte. Und verrät dabei sowohl den Mythos der Mozart-Oper als auch die aktuell existenzielle Problematik im Nahen Osten.

Dabei kann er sich auch nicht mit dem Stockholm-Syndrom herausreden – das ist alles zu sehr auf isolierte Effekte gemünzt, benutzt Abu-Ghreib-Bilder als Darstellungen der Terroristen-Lager, simplifiziert die menschlich-komplexen Beziehungen in Extremsituationen, weicht aus auf die Mittel der Klamotte und präsentiert im Endeffekt nicht mehr als die Spessart-Räuber in arabischem Gewand. Fahrlässig wird mit differenzierten Problemen umgegangen, handwerklich häufen sich die Unachtsamkeiten in den vorgeführten Aktionen, orientierungslos ist die „Botschaft“ der Aufführung.

Wer Mozarts Aufklärungsideal demontieren will – und das ist im derzeitigen Zustand der Welt durchaus angesagt - muss sich schon tiefer in die Materie hineindenken und z.B. gültigeres Bühnenhandeln für die Beziehungen zwischen Geiselnehmern und Opfern einfallen lassen. Und er muss vor allem die tieferen Schichten der Mozart-Musik respektieren.

Jörg Pitschmann spielt mit dem durchaus gut aufgelegten Orchester des Landestheaters Detmold frisch mozartesk auf, verpasst aber die Chancen zu tieferer Gefühlsvermittlung und lässt in den Einzelinstrumenten die elementare innere Kraft der Musik außen vor.

Johannes An kämpft sich – schwer indisponiert – durch die Belmonte-Rolle; Hyun-Ju Park ist für die Konstanze bei aller Sympathie noch zu jung, und es reichen eben nicht ein betörendes Piano und viele gelungene Koloraturen für die stimmliche Darstellung eines hochkomplexen Charakters.

Kirsten Höner zu Siederdissen gelingt eine attraktiv-jugendliche Blonde mit Soubretten-Lockerheit, und Snorri Wium gibt dem albernen Pedrillo immerhin stimmlich überzeugende Statur. Vladimir Miakotines Osmin ist eine knallchargenhafte Karikatur, gibt einen akzeptablen Spielbass, überrascht aber mit unklarer Artikulation in den Sprechtexten. Da bleibt Jan Felski nur die Rolle des deutlich prononcierenden, schablonenhaften Bassa.

Ratlos ein aufnahmebereites Publikum, Beifall am Ende, aber durchaus kritische Stimmen zum unausgereift erscheinenden Konzept – und irritiert durch eine irrelevante Inhaltsangabe im heterogen-zufällig wirkenden Programmheft (Belmonte versucht in das „Landhaus“ des Bassa einzudringen). (frs)

 




Fotos: Landestheater Detmold