Fetisch Geld
Guckkästen verschiedener Größe mit Palme und Deckchair, eine Terrasse mit Sonnenschein-Landschaft, poppige Kostüme, eher „cooles“ Agieren – die Bühne von Stefan Rieckhoff und Helmut Polixas Regie machen klar: Hier geht’s um den Wohlstands-Fetisch „Geld“, dessen Fehlen drakonisch bestraft wird. Jim stirbt auf dem glitzernden elektrischen Stuhl, über dem jubelnden Völkchen schwebend. Nichts ist mit Klassenkampf und dem „Neuen Menschen“ à la 1930; und das beeinträchtigt die Rezeptionserwartungen einiger Zuschauer, die sich partout nicht selbst als „Mahagonnyaner“ entdecken wollen!
Helmut Polixa inszeniert vorgetäuschtes Glück, „verfremdet“ den epischen Brecht-Text ins „Du darfst“ und lässt ganz unpsychologisch-unideologisch das Elend der Sinnlichkeit des Geldes deutlich werden.
Entsprechend selbstverständlich-unaufgeregt agieren die Darsteller: Der Begbick Waltraud Hoffmann-Muchers fehlt allerdings doch der aggressive Biss; Stefanie Wüst gibt die Jenny allzu disensenhaft und der Jim Mahoney von Pieter Roux bleibt ein lieber Kerl ohne stimmliche Ambivalenzen. Das Ensemble des Kurt Weill Festes singt im reflektiert-phrasierenden Weill-Klang.
Die Anhaltische Philharmonie Dessau interpretiert glänzend aufgelegt unter dem kundigen Golo Berg die Freiräume Weills in raffinierter Einfachheit, die in (zeit-)aktuellen Formen, Rhythmen und Melodien mit dem epischen Theater Brechts durchaus analytisch, aber auch emotional korrespondiert.
Das 14. Weill Fest in Dessau hat eine verblüffend unerwartete Eröffnung, setzt damit Zeichen für das weitere phänomenal vielfältige Programm, das dich mit dem Werk Weill/Brechts in vielfältigster Weise annimmt. Sicherlich ein Highlight für die Rückbesinnung auf die Ursprünge des modernen Musiktheaters! (frs)
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