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TRAUMATISCH
Nichts ist es mit einer geheimnisvollen
Mordgeschichte im morbiden Brügge. In Bremen ist ein autistischer Paul
zu sehen, der mit seinem Traum von eine wiedererstandenen Marie seinen
Traum von der toten Marie zerstört - von Tilmann Knabe als Bruchstücke
fehlender konsistenter Regiekonzeption in Szene gesetzt; die Musik Korngolds
konsequent verdoppelnd; allein die Idee der vielen imaginierten Maries/Mariettas
wirkt authentisch.
In einer bourgeoisen neogotischen "Kirche des Gewesenen" mit Marien-Ikone
von Alfred Peter wird der Blick durch schwarze Vorhänge auf die engere,
verregnete Außenwelt zumeist verhüllt. Kathi Maurers Kostüme lassen die
bürgerlichen Konventionen sichtbar werden; die Maries in bonbonfarbenen
Minis.
Die Bremer Philharmoniker betonen unter Florian Ludwig die Leidenschaftlichkeit
der Musik Korngolds, des virtuosen Grenzgängers der musikalischen Brüche
in den zwanziger Jahren; abendfüllend mitreißend, bisweilen allerdings
allzu sehr hingerissen von dem Sog der eingängigen Melodien.
Gesungen wird expressiv auf höchstem Niveau: Mathias Schulz beherrscht
mit seinem bisweilen eng wirkenden Tenor die fließenden Andeutungen zur
Atonalität superb; Graciela de Gyldenfeldt spielt die "Traumfrau" intensiv,
muss sich allerdings eigentümlichen abgehackten Bewegungsvorschriften
unterwerfen, singt bezwingend lyrisch, intoniert präzis und hat die wunderbar
kraftvoll-saubere Flexibilität zur Imagination der Verzweiflung unter
der Oberfläche; mit George Stevens, Katherine Stone und Michael Junge
sind die handlungsstrukturierenden Rollen des Frank, der Brigitte und
des Fritz glanzvoll besetzt.
Unbedingt erwähnenswert: die straffe dramaturgische Bearbeitung durch
Norbert Klein!
Das Publikum im Theater am Goetheplatz weiß die außergewöhnlichen Sängerleistungen
hingebungsvoll zu würdigen! (frs)
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