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ANKLAGEN - THEATRAL
Johann Kresnik hat das Bremer Publikum
regelmäßig geschockt; bei Luigi Nonos politischem Schocker von 1960 gelang
ihm das nicht: klar, er inszenierte den "Raumklang" Nonos mit Instrumentengruppen
verteilt in Proszeniumslogen, er integrierte das Auditorium mit bekletterten
Bäumen in die Bühne, bot die geforderten bewegten Bilder: doch alles blieb
"Theater", fern von Nonos realer Zwanghaftigkeit. Die prospektfüllenden
Videos blieben beliebig; der Kohl-Auftritt belanglos im Zusammenhang mit
der angemahnten Brutalität in Nonos Konzept (und wie sie Inszenierungen
in Stuttgart und Darmstadt vermittelten). So blieb es bei der theoretischen
Predigt für Missionierte.
Auch die Solisten vermitteln wenig an revolutionärer Kraft; Wolfgang Neumanns
spitzer Tenor ist defensiv-aggressiv, Judy Berry bleibt blass in ihrer
sympathischen Ausstrahlung und das Ensemble spielt "singende Opfer".
Das Orchester artikuliert die Absichten Nonos unter Gabriel Feltz mit
wenig Aplomb, bleibt eher harmlos, zuckt vor der Barriere des Revolutionären
zurück.
Im sparsam besetzten Haus am Goetheplatz solidarisieren sich die engagiert
nicht-bremischen Bremer für die gute Absicht, aber auch sie vermögen nicht
die mangelnde revolutionäre Kraft der Darbietung zu beschwören. Man ist
gespannt auf Konwitschnys Umsetzung des epochemachenden Werks in Berlin!
(frs)
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