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Symbolik
Ambivalenzen, Asymmetrien und Symbolik von Terrorismus und Antiterrorismus
bestimmen die theoretischen Baudrillard-Texte, kontrastiert durch Lautréamont-
und Morrison-Verse - das Ganze in sich wiederum ein "Symbol" für die ästhetisierende
Umsetzung des globalen Problems in Musik und Szene. Christoph Coburgs
Komposition spielt mit diversen Elementen des Musiktheaters: Ariosi, A-cappella-Gesang,
Lied, Rap, Anklänge an klassische Formen, Minimal-Attitüden, pointilistische
Töne, Pop-Anklänge. Sebastian Gottschick dirigiert das fünfköpfige Kammerensemble
(Klarinette, Trompete, Schlagzeug, Flügel, Akkordeon) ausgesprochen konzentriert,
gibt den Solisten breiten Raum für individuelle Auftritte zur Konturierung
der Texte.
Mit Ulrich Bartusch, Barbara Ochs, Christoph Hierdels und Thomas Bonni
interpretieren exzellente Stimmen mit "modernen" Exaltationen die theorielastigen
Texte; Christian Wittmann ist der virtuos sprech-singende "Philosoph",
der mit brillanten Verfremdungen die lastende Belehrungsorgie erträglich
macht.
Sibylle Broll-Pape gruppiert das Ensemble auf freier Bühne mit den vage
erkennbaren Twin-Towers als Rückwand in Gruppen, als Individuen, arrangiert
Stühle - kommt aber an Formen des guten alten Agitationstheaters nicht
vorbei, bemüht sich engagiert um Körperlichkeit und sinnlich nachvollziehbare
Passagen. Doch bleibt dem Publikum das Erlebnis der Gefühlsaufwallung
verwehrt: theoretische Texte, zumal so doppeltlastig-ironisierende von
Baudrillard, lassen sich eben im flüchtigen Nacheinander kaum reflektieren.
Dennoch: Respekt vor den künstlerischen Leistungen und Nachdenklichkeit
über das epochale Thema bestimmen die Reaktionen. (frs) |
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