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Fakten zur Aufführung 

DIE GESCHICHTE VOM SOLDATEN
(Igor Strawinsky)
DAS BEHR-KHYRSH-PROJEKT
(Moritz Eggert)
20. Mai 2008 (Dernière)
(Premiere: 3. Mai 2008)

prinz regent theater Bochum


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Musik und Seele

Das ist schon ein bemerkenswertes Zusammenspiel von Bochumer Symphonikern, prinz regent theater und Peer Engelbrachts kreativer Video-Gruppe: Es geht zum einen um „neue Musik“, um nicht-klassische Formen von Harmonik, Klangfarbe, Rhythmus, um nicht aufgelöste Dissonanzen – zum anderen um die Reaktionen der Hörer, die an bekannte Klang-Konstellationen gewohnt sind. Und es geht um sehr ähnliche Präsentations-Modi - um das Zusammenspiel von Musik, schauspielerischer Darstellung, Kommentierung durch einen „Vorleser“ und unterstützend-erklärenden Video-Bildern. Aber es geht auch um den fast existenziellen Zusammenhang von Musik und Seele.

Sibylle Broll-Pape reduziert die komplexen Vorgänge auf prägnantes Bühnenhandeln, fokussiert auf rollentypisches Agieren auf der freien Spielfläche – und es gelingt die Symbiose von körperbetontem Schauspiel, dem klanglich unkonventionellen Sinngefüge der Musik und den phantasievoll-konstruierenden Videoprojektionen.

Matthias Schlüter agiert als unbegriffen hin- und hergerissener Soldat, Alexis Schvartzman gibt einen verletzbaren Teufel, Mu-Yi Kuo ist eine emotional tanzende Prinzessin, und Wolfram Boelzle ist ein handlungssteuernder „Vorleser“. Harry Curtis dirigiert die sieben Musiker der Bochumer Symphoniker zu einem offenen Verständnis der Strawinsky-Musik, stellt klar, dass Neue Musik nicht aus bloßem „Anders-Sein“ besteht, dass keine „Spezialkenntnisse“ zum Verstehen nötig sind – dass präzis-ästhetisches Zusammenspiel Klangsynthesen verstehbar macht. Peer Engelbracht und Stephan Komitsch entwickeln skurril-kommentierende Video-Projektionen, konkretisieren die Zusammenhänge von Klang und Bild.

Moritz Eggert – der artist in residence – geht satirisch-gekonnt mit dem Zusammenhang von avantgardistischer Musik und akademischer Verhaltensforschung um – auch da geht es um den Zusammenhang von Seele und Musik, allerdings als Karikatur des artifiziell-szientistischen Bemühens um die psychisch-esoterischen Wirkungen der abgehobenen Suche nach dem „KLANG“. Wolfram Boelzle doziert über die Vorgänge um empirische Experimente, kommentiert gestellte Video-Bilder der verrückten Versuchsanordnungen – und lässt Raum für lustvolles Erleben von absurden Bildern und den aufgesplitterten Tönen der (selbst-?) -ironischen Musik Eggerts.

Die Verblüffung des neugierigen Publikums ist groß – größer allerdings die Zustimmung zu dieser Form der Auseinandersetzung. Und noch größer das Bedauern um die so wenigen Aufführungen des klangsinnlich erlebbaren Abends. Aber da gibt es doch sicherlich noch Möglichkeiten – auch im Zusammenhang mit der Kulturhauptstadt Ruhr 2010! (frs)

 






 Fotos: prinz regent theater