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IM STRASSENANZUG
Gregor Horres lieferte in seiner Inszenierung
von Mozarts "Idomeneo" den klassischen Fall missglückten Regietheaters.
Richtigerweise davon ausgehend, dass Oper archetypische individuelle und
gesellschaftliche Probleme kommuniziert, verlegte er - fatal aktualisierend
- die kretisch-troisch-griechische Handlung in die Kuppel des Reichstags,
baute ein faszinierendes Bühnenbild mit monumentaler "Henne" in der nachgebauten
Kuppel. Doch es gelang nicht, die Inszenierungsidee zu konkretisieren:
die Details - Aktenträger, Umzugskartons - ergaben keine schlüssigen Metaphern
für die Menschheitsfrage der Machtabgabe an die folgende Generation. Spötter
vermuteten eine Persiflage auf die Nöte der "Bonner" im ungeliebten Berlin.
Aber die statischen Tableaus ließen dem Publikum keine Chance, die Bühnenrealität
zu connotieren. Da Oper aber ein komplexes Ereignis ist, blieb genügend
Positives für einen stilvollen Abend: die Solisten, der Chor, das Orchester,
die Ästhetik.
Sharon Markovich sang eine hochdramatische Elektra mit sauberer Intonation
und harmonischen Spitzen. Diana Amos überzeugte mit wandlungsfähigem Sopran
als Illia; Vedernjak gab einen irritierend androgynen Idamante, kristallklar
mit bezauberndem Timbre. Für den Bielefelder Tenor Luca Martin ist der
Idomeneo eine weitere Station auf seiner bemerkenswerten Entwicklung,
markant in den Kantilenen, virtuos in den Variationen der opera seria.
Der Chor (Leitung Angela Sleemann) beeindruckte durch Präzision und Peter
Kuhn leitete das spielfreudige Orchester äußerst kraftvoll, vermied jede
Gleichförmigkeit, entfaltete den Esprit mozartschen Ingeniums.
Das Publikum schwieg zur Regie (einige unvermeidliche Buhs), applaudierte
kräftig Solisten, Chor und Orchester. (frs)
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