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MAX DER SPIESSER
Agathe, die Schöne und Gute, ist das Opfer: feindselig umstellt von einer
aggressiv-bornierten Biedermeier-Clique; verlassen von Max, dem traumatisierten
Spießer, der auf seinem Weg ins Irrenhaus an seiner hermetischen Psyche
scheitert - von "wahrer Liebe" keine Spur! Gregor Horres rekurriert in
seinem Inszenierungskonzept auf die ursprüngliche literarische Vorlage,
konterkariert Friedrich Kinds Biedermeier-Attitüde, setzt auf Traumata,
Verdrängungen, Selbstbezogenheit ohne Flucht in die Idylle. Doch werden
diese beunruhigenden Elemente ohne zwingende Kohärenz "erklärt", werden
nicht zum existentiell-nachvollziehbaren Theater-Erlebnis (von einer spröden
Wolfsschlucht ganz abgesehen).
Ebenso geht es dem öden, mit ironischen Accessoires (Gewehre, Hirsch)
ausgestatteten Räumen Kirsten Dephoffs, das intellektuell interpretierbar
ist, aber auf theatrale Effekte verzichtet.
Für die Solisten ergeben sich schwer zu lösende Darstellungsprobleme,
die allerdings von den vier Haupt-Protagonisten brillant gelöst werden:
Mit Luca Martin ist ein paranoider Max zu erleben, der sowohl körpersprachlich
als auch physiognomisch in der Rolle aufgeht - dabei stimmlich die psychischen
Befindlichkeiten ungemein intonationssicher artikuliert, weit entfernt
von heldentenorhaftem Getue. Alexandre Vassiliev ist der getriebene Böse
mit einem volumenreichen, phrasierungsfähigen Bariton. Das Ännchen Cornelie
Isenbürgers ist das koloraturensichere Naturkind und Karine Babayanyan
eine geopferte Agathe - sängerisch eine Offenbarung: subtile piani, perlende
Höhen, gradezu suggestive Tiefen!
Dazu entwickelt das Bielefelder Philharmonische Orchester unter dem aufmerksamen
Peter Kuhn eine luzide Klangkultur, die mit der Gebrochenheit der diffizilen
Partitur Webers sensibel zwischen angedeuteten Romantizismen und abgründiger
Attitüde differenziert.
Das gespannte Publikum weiß allerdings mit dem enigmatischen Konzept wenig
anzufangen, kann sich nicht begeistern, aber auch nicht echauffieren:
langanhaltender Applaus für das Ensemble und das Orchester, eher ratlose
Reaktion auf das Regie-Team, das allerdings ohne Regisseur an die Rampe
tritt! (frs)
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