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Fakten zur Aufführung 

L’ETOILE
(Emmanuel Chabrier)
16. Dezember 2009
(Premiere: 7. November 2009)

Theater Bielefeld

Points of Honor                      

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Absurd-grotesk

1877 schafft Emmanuel Chabrier seine „Operette“ über den grotesken König Ouf, dessen Leben per astrologischer Weissagung an die Existenz des Filous Lazuli gekoppelt ist und durch die abstrusen Verbindungen zur Prinzessin Laoula zu absurden Komplikationen führt. Im Stil der Opera bouffe werden mit gallischem Humor verschiedenste Motivations-Ebenen durcheinander gewirbelt, begleitet von einer skurrilen Mischung musikalischer Elemente der Zeit – von Debussy-Anspielungen bis zum Can-Can, mit symphonischen Elementen und Couplets, wechselnd von kammermusikalischen Passagen zu vollem Orchesterklang, rhythmisch bizarr, angedeutete Stilmittel immer wieder entwickelnd und ebenso abrupt abbrechend.

Absurder Plot, erfrischend unkonventionelle Musik und dankbare Herausforderungen für Sänger machen verständlich, warum sich die Opernszene an das vergessene Werk erinnert.

In Bielefeld (es folgen die Staatsoper Berlin und Genf) inszeniert Robert Lehmeier ein absurdes Spiel mit Anspielungen auf die 70er Jahre und den Kontroversen zwischen restaurativen und innovativ-phantasievollen Tendenzen, setzt auf Slapstick-Effekte, verweist auf zeitgenössische Bewegungs-Attitüden und (pseudo-)reale Bewusstseins-Normen. Nur: Es „funktioniert“ nicht – zu schematisch-gewollt wirken die konstruierten „Gags“, zu blutleer wird „Komik“ zu gekünstelt daherkommender Bühnen-Routine.

Tom Musch stellt monumentale Palisander-Schrankwände auf die rotierende Drehbühne – mit unzähligen Türen auf zwei Ebenen – eine „Tür-ken Oper“, um den Kalauer nicht zu vermeiden.

Peter Kuhn intoniert mit den Bielefelder Philharmonikern in nahezu akademischer Korrektheit: da präsentieren die Instrumente ihre je eigenen Funktionen, da wechseln die Rhythmen wie auf Kommando, da entsteht ein wenig animierendes Potpourri erstaunlicher Stilmittel.

Sängerisch bereitet die Bielefelder Aufführung große Freude: Eric Laporte (König Ouf im Tutu) beherrscht die geforderte aggressiv-gallige Ausdrucksform in lustvoller Perfektion, lebt die Absurdität des Charakters mit bravouröser Phrasierung aus! Susanne Kreusch ist der stimmlich begnadete Perlenhändler Lazuli – mit herrlich frischer Stimme, leuchtenden Glanzlichtern in den mühelosen Höhen, außergewöhnlich artikulationssicher im französischen deklamatorischen Gesang. Victoria Granlund gibt der hin und her gehandelten Prinzessin Laoula markante Stimme – präzis im Ausdruck, virtuos in den komplizierten musikalischen Herausforderungen. Für die weiteren Solisten ergeben sich wenige Möglichkeiten für demonstrative Präsenz: sie perfektionieren den sängerischen Gesamt-Eindruck – so wie der Chor nuancenreiches Singen präsentiert!

Das Bielefelder Publikum folgt geduldig dem so gar nicht stimulierenden Spiel – applaudiert den Solisten mit lang anhaltendem Beifall.

Franz R. Stuke

 









Fotos: Matthias Stutte