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MOZART-RAUSCH
In Bielefelds "Cosi" verbreiten sechs außergewöhnliche Sängerdarsteller
den Rausch Mozartschen Klangwunders in Perfektion: Melanie Kreuter ist
die gequälte Fiordiligi mit innigem Sopran, voller innerer Kraft mit elegischem
Schmelz; die Dorabella der Slowenin Mojca Vedernjak sprudelt vor Lebensfreude,
lässt neben perlenden Lyrismen die Zweifel anrührend mitschwingen. Mit
Raimund Nolte und Neal Banerjee vertreten Bariton und Tenor die unglücklich-machohaften
Guglielmo und Ferrando: intonationssicher und gefühlvoll phrasierend!
Victoria Granlund ist die quirlige Despina mit flötend-einschmeichelnden
Tönen und Hans Griepentrogs Alfonso ist klar artikuliert und beeindruckt
mit phantastischen Legato.
Der das disziplinierte Bielefelder Philharmonische Orchester dirigierende
Peter Kuhn agiert sensibel zurückhaltend, betont die Gefühlsmomente Mozarts
äußerst luzide: es gelingt ihm, den schwebenden Trauereindruck zu evozieren.
Die technisch auf Null gefahrene Bühne verwandelt Kirsten Dephoff mit
flexiblem Wandelementen und wehendem Zwischenvorhang mittels schwarz-weißer
Schäferszenen zum amourösen Rokoko-Spiel.
Gregor Horres führt eine detailreiche Personenregie, sehr körperlich,
hat als Konzept aber nur die Floskel der "totalen Verunsicherung" anzubieten.
Dabei sollte es doch darum gehen, die geschwätzige Sloterdijk-Attitüde
des "Philosophen" Alfonso als zynisch zu decouvrieren. Menschenexperimente
enden nicht in pseudo-philosophischer Beliebigkeit!
Das Bielefelder Publikum bejubelt eine exzellente Performanz - steigert
sich in einen demonstrativen Beifallsrausch gegen eine banausenhafte konservative
Stadtpolitik, die keine Gelegenheit auslässt, das international gewürdigte
Niveau zu missachten. (frs)
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