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KARINE BABAJANYAN
Mit großer Leidenschaft, den Untergang
einer alten Kultur einfühlsam personalisierend, spielt und singt in Bielefeld
Karine Babajanyan eine Butterfly voll herber Melancholie, mit intensiven
Tiefen, einer traumhaft melodischen Mittellage und samtweichen Höhen;
eine sänger-darstellerische Performance auf höchstem Niveau! Wenn Sergio
Panajias Pinkerton dagegen darstellerisch unbeholfen bleibt und sein etwas
enger Tenor nur in finalen Höhen Emotion vermittelt, so hat das Bielefelder
Haus kompetente Interpreten der "kleineren" Rollen aufzubieten: Silvia
Hablowetz als zuverlässige Suzuki, Raimund Nolte als sonorer Sharpless,
Neal Banerjee als hintergrundiger Goro, Hans Griepentrog als intensiver
Bonzo und Lassi Partanen als cooler Yamadori.
Peter Kuhn interpretiert mit dem Philharmonischen Orchester der Stadt
Bielefeld einen unsentimentalen Puccini-Klang, entdeckt mit aktiver Unterstützung
der Instrumentengruppen neue tonale Akzente und bestätigt Werner Schroeters
Inszenierungskonzert.
Drei Ahnen, zeitlupenartig das Samuraischwert bewegend, sitzen während
der Aufführung auf einer Stahlbrücke über einer Steglandschaft, auf der
sich die Personen ritualhaft bewegen. Werner Schroeter reflektiert die
Idee des japanischen Autors Yukio Mishima, zeigt Butterflys Tod als Selbstopfer
einer untergehenden Kultur, als Resultat imperialistischer Dominaz: der
Clash of Civilizations mit der unausweichlichen Konsequenz. Allerdings
gibt es eine Hoffnung auf das Überleben. Butterflys Kind wird nicht entführt,
klammert sich an die tote Mutter, die "Multikulturelle".
Die exzeptionelle Butterfly-Interpretation, die erstklassige Orchesterleistung
und selbst die Präsentation eines Stars vermögen das Bielefelder Haus
nicht zu füllen. Die wunderbare Oper ist mit ihren fulminanten Angeboten
offenbar im Abseits, da helfen keine positiven Berichte in den lokalen
Medien, kein überregionaler Jubel. Die Stadtpolitik hat mit ihren Verunsicherungen
das Dilemma zu verantworten. Wie zu Dews Zeiten hat Ostwestfalen ein extraordinäres
Pfund, mit dem die Bielefelder Konservativen nicht wuchern. Wann endlich
äußert sich das traditionsreich-engagierte bürgerliche Establishment öffentlich
für sein Musiktheater? (frs)
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