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Ganz oben
Sensationell, das neue Bielefelder "Opern-Wunder": das Solisten-Ensemble
des jüngsten "Maskenballs" liegt auf der Liste der leistungsfähigen Opernhäuser
ganz oben, braucht keinen Vergleich zu scheuen - dazu eine namhafte Regisseurin
mit aktuellem Konzept und eine Bühnenästhetik, die den Nerv des Zeitgeistes
trifft.
Karine Babajanyan brilliert mit einem geschmeidigem Sopran der Extraklasse,
vermittelt in melodischen Tiefen, einer ausdrucksstarken Mittellage und
verhauchenden piani die tiefempfundene Diskrepanz der Amelia von Realität
und erlebten Gefühlswelten. Francesco Petrozzi ist ein strahlender Verdi-Tenor,
sein Gustavo spricht in klarer Diktion, besticht mit sicheren Höhen ohne
Wackler und kommerziert die Zerrissenheit eines zwar aufgeklärten, aber
willkürlich feudalen Herrschers. Vladimir Chmelos Renato fasziniert mit
balsamischem Bariton, legatosicher, zugleich seine starre Moral und seine
Irritationen phrasierend. Victoria Granlund gelingt die brillante bisexuelle
Charakterstudie eines irrwitzigen Oscar, und Yanyu Guo vermittelt mit
ausdrucksvollem Alt die Abgründe der sozialen Existenz. Mit Hans Griepentrog
als Verschwörer leistet sich das Bielefelder Haus eine verblüffend gewichtige
Luxusbesetzung. Die übrigen Sänger verstärken diesen umwerfenden Sog intensiven
Operngesangs, noch gesteigert durch einen höchstpräsenten Chror (Leitung:
Angela Sleeman), in der Schlussszene im Parkett und im Rang mit raumfüllendem
Klang.
Beverly Blankenships Inszenierungskonzept geht vom Konflikt rationaler
Strukturen und irrationaler Triebdynamik aus, zeigt - unkantianisch -
die Mixtur dieser Antriebe und lässt die Akteure in dieser Zerrissenheit
scheitern.
Sandra Meures Bühne rekurriert auf Kommunikationsräume aus Vorhängen -
imaginativ ausgeleuchtet -, Versenkungen und sparsam, aber intensiv eingesetzten
Projektionen.
Peter Kuhn benötigt zwei Akte, um mit dem ruppig klingenden Philharmonischen
Orchester der Stadt Bielefeld sein differenziertes Konzept des Zusammenspiels
der Instrumente zu realisieren.
Am Sonntagnachmittag ist das Bielefelder Haus voll besetzt, die Stimmung
ist ungemein positiv - die exorbitante Qualität des "Maskenballs" ist
offenbar (endlich!) angekommen, aber auch die provozierende Bedeutungstiefe
der Inszenierung! (frs) |
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