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FLÜGEL
Die Bühne des Staatsopern-Tristan
bestimmt ein riesiger Grabmal-Engel Hans Schavernochs: Metapher für gestürzte
Empfindungen, für qualvolles Ende und für gesuchten Schutz. Die Protagonisten
bewegen sich in der behutsamen Regie Harry Kupfers auf, hinter und unter
den mächtigen Flügeln, werden eins mit dem überwältigenden Symbol - eine
Assoziation freisetzende Inszenierung, die dem sängerischen Potential
der Solisten vertraut.
Christian Franz - bekannt aus vielen Rollen in Wuppertal, als hoffnungsvoller
Siegfried in Kassel - debütiert als Tristan und gewinnt die hochdramatische
Herausforderung mit großem Durchsetzungsvermögen, einer bewußten Einteilung
der Kräfte und nachvollziehbarer Interpretation der emotionalen Stationen
eines hoffnungslos Liebenden.
Ausweglos, aber selbstbewusst agierend vermag Waltraud Meier eine Isolde
zu gestalten, die von Anfang an den Liebestod inszeniert: stimmlich auf
voller Höhe, eine Einheit von vokaler Intensität und attraktiver Präsenz,
charismatisch endend in der Kongruenz mit den monumentalen Engelsflügeln.
Der Marke Kwangchul Youns beeindruckt mit selbstbewusster Artikulation,
während der Kurwenal Andreas Schmidts blass bleibt; auch Reiner Goldbergs
Melot gewinnt keine spezifischen Konturen.
Daniel Barenboim zelebriert Wagners unendliche Melodie mit Pathos und
Power, führt die Staatskapelle Berlin zu außergewöhnlich klangschönem
Spiel, kennt die Partitur in- und auswendig und weiß um die suggestive
Wirkung. Nur: innovativ war das nicht.
Doch in der gegebenen Berliner Situation musste der Maestro nur den Taktstock
heben und das Publikum "war hin": tosender Applaus; aber es war ja auch
nicht nur eine "Handlung", die da den Wagner-Rausch entfachte! (frs)
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