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Fakten zur Aufführung 

DON PASQUALE
(Gaetano Donizetti)
31. Januar 2010 (Premiere)

Komische Oper Berlin


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Ein moderner Falstaff

Die niederländische Regisseurin Jetske Mijnssen inszeniert ungewöhnlich makaber und verortet die Handlung in eine Art Leichenhalle, die das Wohnzimmer von Don Pasquale darstellen soll. Sie schafft es, die tragisch-ernste Komponente gängiger Aufführungspraxis schwarz-humorig neu und publikumswirksam zu interpretieren: Falstaff lässt grüßen! Das Bühnenbild von Paul Zoller - frei von weiteren Überraschungen - stellt eine weitläufige riesige Bühne mit großer Tiefe dar, die nach hinten etwas spitz zuläuft. Die Wände sind ausgeschlagen mit einem schrillen, blau plissierten Stoff. In der Mitte des Raumes über dem Sarg prangen mehrere Röhrenlampen, die das Geschehen in grell-kaltes Licht tauchen. Unter diesen Röhren befindet sich, bereit für eine veritable Aufbahrung, der riesige Sarg, den sich Don Pasquale – mit Gehhilfe und am Tropf hängend – beizeiten hat nach Hause liefern lassen. Er pflegt das gute Stück wie ein lieb gewonnenes Interieur, liegt Probe und versteckt sein Geld in dem schwarzen „Erdmöbel“. Das Vermögen zu Hause zu bewahren scheint ihm sicherer, als es der Bank zu überlassen. Von seinem Arzt Malatesta hat er sich die Heirat mit einer jungen Frau aufschwatzen lassen und putzt sich für diesen Anlass mit Anzug und Krawatte heraus. Arien de Vries entwarf die einfach gehaltenen Kostüme der Inszenierung im Stil „normaler“ Straßenkleidung.

Jens Larsen, unermüdlich in Ausdruck und Spielfreude, sang einen erfrischenden und sehr textverständlichen Don Pasquale. Ein edler Bassist mit einer ungewöhnlichen Stimmschönheit. Sogar aus den unmöglichsten Positionen heraus konnte er der Rolle noch den nötigen Witz und Charme verleihen. Ein alter Mann, der gerade noch mal von der Klinge springt und seinen zweiten (oder eher: dritten) Frühling durchlebt. Herrlich! Christiane Karg als quirlige, süße, trillernde, kreischende, tobende und lustige, ausbeutende Norina sang mit schöner und bis in die Spitzentöne klarer Stimme. Sie verlieh ihrer Rolle das nötige Temperament und sang ihren Part mit vielen Finessen und Noblesse. Günter Papendell verkörperte die Rolle des Malatesta als geschäftstüchtiger Arzt, der es nicht nur auf die Gesundheit seines Patienten abgesehen zu haben scheint, mit gefälliger Baritonstimme. Der arme Neffe, der nichts tut und allein die Absicht verfolgt, den Erbonkel los zu werden, wurde von Adrian Strooper mit beweglicher und gut eingeteilter Tenorstimme gesungen. Der gemischte Chor der Dienerschaft (Einstudierung: Robert Heimann), dargestellt als flippige Partygesellschaft, wird präsent in Szene gesetzt.

Der Dirigent Maurizio Barbacini dirigiert mit straffen Tempi und steigert sich bis zum Schluss.

Dank der herausragenden sängerischen und schauspielerischen Leistungen - eingeschlossen Chor und Orchester - trägt sich diese makabre, ungewöhnliche, todesverkündende Inszenierung bis zum Ende. Die bitterböse schwarze Komödie landet somit einen Publikumserfolg an der Komischen Oper. Das Publikum ist mittlerweile an solcherlei dekonstruierende Herangehensweisen gewöhnt. Es gab viel Premierenapplaus für Sänger, Chor und Orchester - und „nur“ vereinzelte dünne Buhrufe.

Ralph Thenhaus

 









 
Fotos: Monika Rittershaus