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Opulent
Allein die Eleganz und Pracht des Liceu, das nach einem Brand 1994 in
gelungener Symbiose von alten und modernen Strukturen wiederhergestellt
wurde, sind beeindruckend. Dieses Opernhaus bietet mit der gelungenen
Inszenierung von Phyllida Lloyd (als Koproduktion mit Paris und London)
einen idealen Schauplatz für Verdis große, dramatische Oper.
Die Regisseurin hat zusammen mit dem Bühnenbildner Anthony Ward und Choreograph
Michael Keegan-Dolan beeindruckende Szenen komponiert. Außerdem gelingt
ihnen der Spagat zwischen historischen und modernen Bezügen. Lloyd bedient
sich auf der schwarz getäfelten Guckkasten- Bühne meist symbolischer,
sparsamer Einrichtungen, wie einem goldenen Käfig als Symbol der Königsherrschaft,
füllt den Raum aber auch gezielt mit üppigen Bildern, wie dem Aufzug der
künftigen Könige auf goldenen Rössern, oder den großartigen Szenen der
Hexen (Damenchor) im Frida Kahlo-Look. Zwar endet jeder Akt in einem Tableau
und die Massenszenen sind nicht gerade neuartig inszeniert, aber dies
machte nicht den Schwachpunkt des Abends aus.
Der lag leider bei den Hauptdarstellern, die in dieser sängerfreundlichen
Inszenierung alle Möglichkeiten hatten, sich optimal auf die schweren
Partien zu konzentrieren. Doch hier wird dann eine fehlende Intensität
des Ausdrucks umso deutlicher. Der Macbeth von Joan Pons wirkte bei aller
stimmlichen Präsenz emotional unbeteiligt und in seinen Visionen unglaubwürdig,
da er sie meist mit geschlossenen Augen vortrug. Gegen Ende vermutete
man sogar, dass diese Haltung aus Mühe mit der physischen Bewältigung
der Partie gewählt war.
Susan Neves als Lady Macbeth stand ihrem Partner sowohl in Stimm- wie
in Leibesfülle nicht nach, fand aber ihre Bravo-Rufer durch große gesangliche
Gestaltungskunst und Ausdrucksstärke, die in ihrer Wahnsinnsszene den
Höhepunkt fand. Alle Wünsche wurden auch von den Sängern des Banco (Stefano
Palatchi), Macduff (Vicente Ombuena)und Malcolm (Javier Palacios) nicht
erfüllt, obwohl diese ihre Partien durchaus beherrschten. Es fehlte das
Quäntchen, das mit Seele zu bezeichnen ist.
Allein daran lag es, das der Abend zwar ein Erfolg, aber kein Triumph
wurde, denn das Orchester unter Bruno Campanella wie auch der Chor klangen
hervorragend und gestalteten Verdis Musik bis in kleinste Details.
Im Publikum versicherte man sich, dass mit der Premierenbesetzung vom
18. März der Genuss wohl vollkommen gewesen wäre, was die Fotos im Programmheft
jedenfalls in optischer Beziehung bestätigen. (if) |
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