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"Welche Wonne welche Lust..."
Dieses Zitat aus Blondchens gleichnamiger Arie kann man häufig als Programm
für Mozarts beliebtes Singspiel "Die Entführung aus dem Serail" sehen.
So war es auch dieses Wochenende, als im Festspielhaus Baden-Baden die
Koproduktion mit dem Festival d`Aix-en-Provence und den Opern von Rouen
und Lausanne präsentiert wurde.
Das Bühnenbild (Miquel Barceló) ist eher schlicht. Links eine blaue Wand
mit arabischen Schriftzeichen, rechts ein ockerfarbenes Gebäude und zudem
ein weißer Turm in orientalischem Stil. Ergänzt wird dies durch große
Stoffbilder auf der Rückwand, die thematisch die jeweilige Szene unterstützen.
Die Kostüme (Macha Makeieff) versetzen den Zuschauer ins 18. Jahrhundert
und verdeutlichen so auf einfache Weise den kulturellen Unterschied zwischen
einem europäischen Edelmann und dem Muselmann.
Matthias Klink stellte Belmonte sowohl schauspielerisch als auch gesanglich
sehr ansprechend dar. Von ihm hätte sich wohl manche Zuschauerin gerne
retten lassen... Konstanze wurde von Madeline Bender als eigenwillig und
durchaus zickig interpretiert. Das Dienerpaar Pedrillo und Blonde (Loic
Félix und Magali Léger) bildete einen erfrischend offenherzigen Gegensatz
zu seiner Herrschaft. Insbesondere Magali Léger begeisterte durch ihre
stimmlichen und darstellerischen Fähigkeiten. Der Aufseher Osmin (Wojtek
Smilek) wurde nicht grimmig, sondern als schlichter Untertan, der gemäß
seinem erlernten Verständnis handelt, dargestellt.
Shahrokh Moshkin Ghalam als Bassa Selim bot in der Inszenierung die einzige
größere Überraschung: Er war kein weiser, väterlicher Herrscher, sondern
ein verloren wirkender junger Mann, der, im wahrsten Sinne des Wortes,
durch sein Leben tanzt und die Bewegung als Ausdruck von Gedanken und
Gefühlen nutzt, die er in seinen, teilweise iranischen (?) Wortbeiträgen
nicht zeigen kann.
Leider fehlte durch diese Interpretation die Verbindung zu dem klugen
und großzügigen Herrscher, so dass die Freilassung der Gefangenen nicht
schlüssig wirkte. Aufgelockert wurde die Handlung von einigen Schauspielern,
die im Dienste Osmins abwechselnd als trottelige Spione oder unfähige
Wachposten fungierten. Obwohl die Lacher des Publikums Zustimmung ausdrückten,
wirkten die Scherze manchmal flach und trugen dazu bei, dass die gesamte
Aufführung teilweise gefährlich nahe zum Klamauk war.
Im Orchestergraben sorgte Marc Minkowski zusammen mit dem Mahler Chamber
Orchestra für eine prägnante, stimmige Interpretation der Musik. Hierzu
ist nicht mehr zu sagen als: hervorragend!
Das Festspielhaus war trotz des warmen Sommerwetters gut ausgelastet.
Im Allgemeinen schien das Publikum sehr angetan und vereinzelte Buh-Rufe
wurden mit heftigem Klatschen übertönt. Alles in allem kann sich der Besucher
bei dieser Inszenierung auf einen schönen, gefälligen Opernabend einstellen.
Leider fehlt bei der Interpretation Risikobereitschaft, die bei einer
Veranstaltung in diesem Format durchaus zu erwarten wäre. (mf) |
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