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Venus komm zurück!
Man war nach Augsburg gekommen, um eine Seltenheit zu erleben: Wagners
"Tannhäuser" in der Urfassung von 1845. Im Gegensatz zu späteren Fassungen
verzichtet Wagner hier noch auf die Wiederkehr der Venus am Ende des letzten
Aktes.
Dem folgt leider auch die Regie von Nicolas Trees. Tannhäuser ermordet
Venus im 1. Akt. Die Gesellschaft des Landgrafen Hermann, die im Militärrock
und Dandylook den billig wirkenden Puff betritt (Bühne: Wolfgang Buchner),
beseitigt Venus ungerührt wie einen Sack Abfall. Damit läuft die Regie
voll ins Messer einer Dramaturgie, die sich mit dieser Figur um ihren
Angelpunkt gebracht hat.
Der bekannte Skandal, den Tannhäuser im Sängerkrieg durch die Erwähnung
ihres Namens produziert, verliert jegliche Plausibilität. Wer sollte denn
Venus und die körperliche Liebe, die sie verkörpert, fürchten, wenn sie
doch längst tot ist? Zudem wird Elisabeths Religiosität durch das Rosenwunder
zwar beschworen, als Motivation für eine Verteidigung Tannhäusers aber
nicht offensichtlich. Man fragt sich bei dieser Regie zu Recht, warum
Elisabeth Tannhäuser helfen sollte. Die Bildschöpfungen sind angereichert
mit viel Kitsch, Figuren von Pierre et Gilles, Feuer und Rauch sowie viel
stumpfem Pathos.
Auch musikalisch gab es keine überragenden Leistungen. Gerhard Siegel
sang respektabel, doch oft an der Grenze seiner Kapazitäten. Die Stimme
klang knödlig und gefährlich überanstrengt. Siegel gehört eigentlich ins
Charakterfach, als Loge oder Mime ist er grandios. Als Tannhäuser nutzte
er die Qualitäten des Charaktertenors für eine beachtlich dramatisierte
Rom-Erzählung. Sally Du Randt (Elisabeth) strahlte in der Höhe kraftvoll
brillant und sicher. Ihrem früher schneidenden Timbre gewinnt sie zusehends
wärmere Farben ab. Vuokko Kekäläinen blieb als Venus monochrom in einer
Lautstärke und Klangfarbe. Anders Riccardo Lombardi, der als Wolfram mit
ausgeglichener Skala, klarem und klangschönem Bariton die beste Leistung
bot.
Das Orchester tat sich in der Ouvertüre etwas schwer, die instrumentalen
Klippen gegen Ende zu umschiffen. Gerade die Streicher waren uneinig.
Die versierte Leitung von Rudolf Piehlmayer sorgt jedoch sicher dafür,
dass sich diese Ungereimtheiten fügen und die Schönheiten der diffizilen
Stellen gegen die tosenden Passagen nicht mehr abfallen werden.
Das Publikum überzog bereits die albern moralisierenden Sprüche Wagners,
die Trees als Kunst- und Gesellschaftskritik während des 2. Akts von der
Decke ließ, mit Buhs, die sich zu einem Sturm auswuchsen, als er am Ende
vor den Vorhang trat. Augsburg hat einmütig entschieden. (tv) |
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