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ELSA; ZWEIFELND
Telramund und Lohengrin als zwei
Seiten einer Medaille, Elsa als Zweifelnde: So lässt Pierre Audi nie den
Verdacht aufkommen, der Erlöser nahe! Vielmehr entsteht in archetypischen
Räumen aus Stahlplatten - das Bühnenbild von Jannis Kounellis wirkt wie
eine hommage an Richard Serra! - mit sinnstarken Elementen (etwa ein Waggon
mit abgenutzten Ruderblättern als Schwan) als aussagekräftigen Metaphern
eine ungemein packende Atmosphäre von suggestiver Präsenz (eine Gerichtsszene
wie ein Femerat auf der Suche nach Recht).
Edo de Waart scheut sich nicht, demonstrativ das Pathos in der Musik Wagners
zu betonen - um desto krasser die Brüche hörbar werden zu lassen. Die
ansteigenden Crescendi, die enormen Streicherwogen sind wohl kaum jemals
derart intensiv interpretiert worden wie von dem nahezu perfekten Rotterdams
Philharmonisch Orkest!
John Treleaven singt den Lohengrin mit verhaltener Leidenschaft, stimmlich
präzis mit dunklem timbre; die Elsa von Charlotte Margiono bleibt von
Anfang bis Ende zweifelnd, diese Zwiespältigkeit mit biegsamem Sopran
anrührend ausdrückend. Linda Watson beeindruckt als renitente Ortrud,
die sich ihrer Rolle als Bewahrerin der "alten Ordnung" bewusst ist: eine
sängerische Bravourleistung, voller Kraft und Intensität, ohne Forcieren
und ohne Schärfen. Helmut Welkers Telramund überzeugte durch Gradlinigkeit
des Gesangs und Harald Stam (er sprang für den erkrankten Kurt Rydl ein
und sang vom Proszenium) beeindruckt als König Heinrich, nicht zu vergessen
Geert Smits als magischer Heerrufer.
Das internationale Amsterdamer Publikum feiert das außergewöhnliche Ereignis
enthusiastisch. (frs)
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