Sizilianisches Erbe
Wohnblöcke im Hintergrund, davor majestätische Bogen, dazwischen starke Vorhänge: Johannes Leiackers Bühne bestimmt den nachhaltigen Eindruck: auch die Gegenwart wird vom "sizialianischen Erbe" bestimmt.
Guy Joosten inszeniert die alten Rituale in neuer Umgebung, verweist auf archaische Handlungsmotive und spürt den Beweggründen der Hauptperson nach. Im Sinne veristischer Realitäten tauchen die FIguren des Pagliacci in der Cacalleria-Szene auf, deuten Motive an, versuchen das Illusionstheater zu zerbrechen.
Dazu ist ein beeindruckend tyoengerechtes Ensemble zu erleben, das in aufwändigem Spiel die Klischees pointiert und sängerisch glänzt. Zoran Todorovich als Papagallo-Turiddu, ein Spinto par excellence; Carol Vaness als fast auratische Santuzza; Ana Maria Martinez als schnippisch-zickige Nedda; Dennis O'Neill als ein zerstörter Canio und Zeljko Lucic als böser Geist Tonio - sie alle und die übrigen wunderbaren Sängerdarsteller leben Verismo, bringen das "wahre Leben" auf die Bühne - soweit das eben möglich ist. Der Chor der Nederlandse Opera gibt der intensiven Aufführung das unwiderstehliche Flair der Massenintensität.
Das Nederlands Philharmonisch Orkest lässt ein furioses Verismo-Gewitter ab; Carlo Rizzi verliert da bisweilen die Balance zur Bühne, doch bleibt der Eindruck selten gehörter musikalischer Radikalität lange im Ohr - und der Respekt vor unsterblichen Werken mit permanenter Aktualität.
Das Amsterdamer internationale Publikum weiß das hohe Niveau zu schätzen, ist permanent gespannt (keine Huster!) und bejubelt alle Beteiligten. (frs)
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