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Sektion
Aachens "Traviata" wird zum Triumph für Romelia Lichtenstein: eine junge
Sängerin mit emotionaler Ausstrahlung, einer ungemein beseelten Stimme
und einer beeindruckenden Phrasierungskunst, biegsam in der Mittellage,
wohlklingend auch in den selbstbewusst angegangenen Höhen - ein großartiger
Auftritt der Sängerin, die vor einer Woche noch als Mozarts Donna Anna
in Rostock zu erleben war!
Mit Lionel Lothes ist ein statuarischer Germont zu sehen, der aber mit
einem Bariton hinreißt, dem alle Ingredienzien der großen Klasse zukommen.
Der ein wenig enge Tenor Dario Schmuncks hat es da schwer, doch zieht
er sich mit mutigen Attacken auf das C hoch achtbar aus der Affäre! Hans
Lydman gibt einen außergewöhnlich präsenten Douphol, wie auch alle übrigen
"kleinen" Rollen hochkompetent besetzt sind - zu schweigen von einem äußerst
spielfreudigen und stimmsicheren Chor (Leitung: Bernhard Moncado).
Das Sinfonieorchester Aachen unter dem fordernden Marcus R. Bosch betont
die dramatischen Aspekte der Verdi-Komposition, übertreibt mit brutal-hämmerndem
Schlagzeug und exaltierten Flöten.
Andreas Wilkens baut eine Bühne wie ein Anatomie-Amphitheater des 19.
Jahrhunderts, mit einer Galerie für das bourgeoise Publikum, das der Sektion
der lebenshungrig-todgeweihten Violetta und ihrer Beziehung mit dem ewig-unreifen
Alfredo verfolgt. Die zeitgenössischen Kostüme Imke Sturms vermitteln
in ihrer Opulenz das zynische Klima des aufkommenden selbstbewussten Bürgertums
um 1850.
Die Idee, der realen Violetta eine zweite gegenüberzustellen, macht Joachim
Rathkes intelligentes Inszenierungskonzept deutlich: ein unvermeidlicher
Untergang wird seziert. So findet sich Violetta immer wieder wie auf einem
Seziertisch präsentiert, wobei das Bild des Konzertflügels (am Ende unter
der Decke hängend) überstrapaziert wird - allerdings mit dem Erfolg, daß
die erzählte Geschichte deutlich wird.
In Aachen bejubelt ein ungemein begeisterungsfähiges Publikum die Solisten,
das Orchester, den Chor, das Regieteam - eine phantastische Atmosphäre:
Die Premiere ist in Aachen ein gesellschaftliches Highlight.
Franz R. Stuke
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