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 DVD-Besprechung

Così fan tutte

28. August 2015

 

 

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

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Publikum

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Einer muss sterben

Als 2012 für das folgende Jahr der neue Mozart-DaPonte-Zyklus bei den Salzburger Festspielen angekündigt wurde, stellte sich automatisch die Frage: Muss das denn sein? Denn als Verantwortliche wurden Dirigent Franz Welser-Möst und Regisseur Sven-Eric Bechtolf vorgestellt, die erst wenige Jahre zuvor mehr oder weniger erfolgreich einen Zyklus zusammen am Opernhaus Zürich erarbeitet hatten. Zumindest szenisch kann sich aber Bechtolf trotz kleinerer Ähnlichkeiten gegenüber seiner etwas drögen Inszenierung aus Zürich steigern. Selten kommt es vor, dass ein Regisseur die beiden Formen – drama und giocoso – so geschickt miteinander verbindet. Die gute Aufnahme durch Tiziano Manchini lässt die Zuschauer am Bildschirm die Handlung detailliert miterleben. Man schaut gerne zu, wie zwei verkleidete Männer um die Frau des jeweils anderen werben. Was anfangs in der Situation komisch wirkt, wird schnell zur emotionalen Sackgasse. Rolf Glittenberg hat als Handlungsort eine Art Treibhaus gebaut. Die Pflanzen sind im ersten Akt noch Teil des Versteckspiels. Im zweiten Akt werden sie auf die andere Seite der Scheiben verbannt, so dass nun nur noch die Gefühle der beiden Paar hier aufgehen. Dramaturgisch ist das Bühnenbild dabei gefälliger denn als Einheitsraum über die gesamte Opernlänge. Marianne Glittenbergs gelungene Kostüme verlegen die Handlung komplett in die Zeitlosigkeit.

In einer temporeichen, detaillierten Personenführung gibt es eine Gemeinsamkeit in den beiden Inszenierungen. Am Ende muss bei Bechtolf eine Person sterben. In Zürich trinkt Fiordiligi aus Versehen Gift, hier ist es nun der Initiator Don Alfonso. Sein Tod geht in dem Gefühlschaos nahezu unter. Zuvor ist er aber der Aktivposten der Aufführung. Überdies ist die Interpretation von Rollendebütant Gerald Finley maßstabsetzend: Ein Wissenschaftler mit farbenreichem Bariton, der erstaunt jede Wendung seines Experimentes beobachtet. Voller Elan agieren auch die beiden anderen Herren: Martin Mitterrutzner ist ein sensibler Ferrando mit silbrigem Ton. Ob seine Stimme für die Partie im Theater zu schmal ist, kann man dank der guten Tontechnik nicht bewerten. Der Mozart-versierte Luca Pisaroni gibt den Draufgänger Guglielmo, der erst am Ende in der Niederlage seine Gefühle zulässt. Gegenüber diesem so sicheren Männertrio tut sich das Damenterzett etwas schwerer. Nicht szenisch, aber musikalisch. Am sichersten wirkt noch Martina Jankova als sympathische Zofe Despina. Marie-Claude Chappuis und Malin Martelius offenbaren als Schwestern Dorabella und Fiordiligi, die auf die Treueprobe gestellt werden, sehr viel Gefühl, aber leider auch einige deutliche Misstöne.

Das akustische Ergebnis wäre sicher auch besser ausgefallen, wenn Christoph Eschenbach nicht die musikalische Leitung von Franz Welser-Möst übernommen hätte. Sicher spricht nichts dagegen, die Wiener Philharmoniker in einem wohltemperierten Klang aufspielen zu lassen, doch ist das in diesem Umfeld einfach zu wenig. Den Schwung auf der Bühne untergräbt Eschenbach sogar – ohne Feuer, ohne Ecken, ohne Kanten und Abgründe, ohne Akzente. Das ist viel zu wenig angesichts dieses kompetenten, erfahrenen Klangkörpers, den Eschenbach mitsamt dem Hörer unterfordert. Viel zu wenig bietet auch die DVD an sich: Keine Extras, keine Interviews. Langweilig! Das Publikum spiegelt die Aufführung wieder: Man reagiert auf die Leistungen der Sänger, auf ihre Situationskomik, aber beim Schlussapplaus wird keiner so richtig aus den Sitzen gerissen.

Christoph Broermann

Fotos: EuroArts