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BACKSTAGE

3 FRAGEN-3 ANTWORTEN


Edda Moser

Edda Moser wurde 1938 in Berlin als Tochter eines Musikwissenschaftlers geboren. Ihr Gesangsstudium absolvierte sie am Berliner Konservatorium bei Hermann Weissenborn und Gerty König. Nach Engagements in Würzburg, Hagen und Bielefeld wechselte sie zur Wiener Staatsoper. Die Zusammenarbeit mit Herbert von Karajan und ihre Engagements an der Metropolitan Opera New York zählen zu den Höhepunkten ihrer Karriere. Ihre Rachearie der Königin der Nacht hat an Bord der Voyager 2 das Sonnensystem verlassen. Seit den 1980-er Jahren leitet die Kammersängerin Meisterklassen an verschiedenen Instituten und Konservatorien. An der Hochschule für Musik Köln hatte sie eine Professur inne.


 

Backstage-Archiv

Das Backstage-Archiv ist alphabetisch nach den Nachnamen der Gesprächspartner geordnet.

 

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Das gesamte Spektrum menschlichen Gefühls

Zum 25-jährigen Jubiläum des internationalen Gesangswettbewerbs Neue Stimmen richtet die Bertelsmann Stiftung parallel zu ihrem internationalen Meisterkurs erstmals auch eine Lied-Meisterklasse aus. Ziel dieser Talentförderung ist es, die besondere Kunstform des Liedes lebendig zu halten und die Menschen für den Reichtum und die Schönheit des Liedgesangs zu begeistern. Unter der Leitung der Sopranistin Edda Moser erarbeiten in diesem Jahr vier junge Operntalente einen Liederabend, der sowohl im Gütersloher Theater als auch im Berliner Konzerthaus zur Aufführung kommen wird.

Opernnetz Sie haben an allen großen Opernhäusern der Welt gesungen und mit Dirigenten wie Herbert von Karajan und Leonard Bernstein gearbeitet. Ihre legendäre Interpretation der Rachearie der Königin der Nacht aus Mozarts Zauberflöte kreist an Bord der Raumsonde Voyager 2 durch das Weltall. Was hat Sie bewogen, dem Opernnachwuchs das deutsche Kunstlied nahezubringen?

Edda Moser Weil es in seiner Einmaligkeit das gesamte Spektrum des menschlichen Gefühls widerspiegelt. Andere Länder haben auch ihre Liederkreise und Gefühlsdarstellungen, jedoch ist die Schönheit, Einmaligkeit und Ausdrucksgewalt – ob bei Schubert, Brahms, Schumann oder Wolf – unvergleichbar vielschichtiger.

Opernnetz Welche besonderen Voraussetzungen müssen die Sängerinnen und Sänger für die Liedkunst mitbringen? Oder anders herum gefragt: Welche Anforderungen stellen die Werke der deutschen Lied-Komponisten an die jungen Künstler?

Moser Ich denke, der Anspruch an Stimmschönheit und Gesangsperfektion ist nicht hoch genug zu stellen. Die Beherrschung der deutschen Sprache ist natürlich Grundvoraussetzung. Das versuche ich zu lehren.

Opernnetz Liederabende finden in Deutschland meist nur ein kleines – wenn auch feines – Publikum. Das deutsche Kunstlied spielt in der gegenwärtigen Kulturszene eine eher untergeordnete Rolle. Sehen Sie Chancen, dass sich daran künftig etwas ändert?

Moser Wenn man bedenkt, welch riesiger Aufwand betrieben wird, wenn ein Unterhaltungskünstler in eine Stadt kommt, damit man genügend Publikum interessieren und erreichen kann, ist die Reklame für einen klassischen Liederabend einfach zu gering. Oft erfährt nur ein kleiner Kreis, dass der oder die einen Liederabend zu geben gedenken. Das ist der geringere Fehler. Aber der Bildungswille in Schulen und privaten Kreisen lässt so erschreckend nach, dass überhaupt gar kein Interesse geweckt wird. Jeder hat doch die Möglichkeit, ein Lied anzuhören und auf die eigene Lebenssituation zu übertragen, in Not oder Freude sich verstanden zu fühlen; diese Chance hat jeder einzelne. Aber die allermeisten wissen schlichtweg nicht, dass es „das Lied“ gibt. Dem kann man abhelfen. Darum habe ich mich ein Leben lang bemüht. Und betrachte es nach wie vor als heilige Pflicht, das deutsche Lied als hohes Kulturgut unseres Landes zu pflegen und das Interesse dafür wachzuhalten.

Die Fragen stellte Ulrike Naim am 11.10.2012.

 


Edda Moser bei der Pressekonferenz
in Gütersloh: Das Kunstlied ist eine
Oper in zweieinhalb Minuten.


Moser leitet die erste Lied-
Meisterklasse des Wettbewerbs
Neue Stimmen.


Beim Feinschliff der Talente wird auch
schon mal Hand angelegt.


Der Anspruch an Stimmschönheit und
Gesangsperfektion ist gerade beim
Lied nicht hoch genug zu stellen, lautet
das Credo von Edda Moser.

Fotos: Thomas Kunsch und Opernnetz