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BACKSTAGE

3 FRAGEN-3 ANTWORTEN


Dr. med. Heinz Asshoff

Dr. med. Heinz Asshoff, 1937 in Trier geboren. Studium der Medizin. Niederlassung als Arzt für Innere Medizin und Gastroenterologie in Trier bis 2003. Seit 1987 Vorsitzender des Richard-Wagner-Verbandes Trier, seit 2010 Trier-Luxemburg.


 

Backstage-Archiv

Das Backstage-Archiv ist alphabetisch nach den Nachnamen der Gesprächspartner geordnet.

 

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Im Trend der Zeit

Der Ring in neun Stunden an drei Tagen? Und das mit einem Orchester von 18 Musikern. Das Grand Theatre de Luxembourg hat es gewagt. Und das Publikum ist begeistert. Auch Heinz Asshoff, Vorsitzender des Richard-Wagner-Verbandes Trier-Luxemburg, zeigte sich mehr als einverstanden - er übernahm die Einführung.

Opernnetz Welche Rolle spielt der Richard-Wagner-Verband in der Kultur-Region Trier - vor allem in Bezug auf das Theater Trier? Gibt es da in den 25 Jahren RWV besondere Beziehungen - Spielplan, Sponsoring, persönliche Kontakte, Öffentlichkeit, evtl. auch kommunale Kulturpolitik?

Heinz Asshoff Seit Gründung des Verbandes 1987 hat es intensive Beziehungen zum Trierer Theater gegeben. Parsifal – konzertant, Tristan und IsoldeLohengrinTannhäuser und Die Walküre szenisch wurden von uns erheblich gesponsert. Daneben Arienkonzerte mit Wagner-Werken und Preisträger-Konzerte nach den Richard-Wagner-Gesangwettbewerben in Saarbrücken und Karlsruhe. Aus den Reihen der Künstler am Theater benennen wir jährlich zwei Stipendiaten, denen ein kostenloser Aufenthalt in Bayreuth mit drei Festspiel- Aufführungen gewährt wird. Junge Künstler erhalten über unsere Aktivitäten – oft zusammen mit dem Theater – auch ein erstes Podium für Ihre Auftritte. Der Musikdramaturg des Theaters Peter Larsen ist Vorstandsmitglied im Trier–Luxemburger Verband.

Zusammenfassend sind die Beziehungen intakt, werden aber bei weiteren finanziellen Kürzungen nicht mehr in dem Maße florieren können, wie es vor zehn Jahren noch der Fall war.

Opernnetz Der Trierer Richard-Wagner-Verband mit 350 Mitgliedern bereist Wagner-Aufführungen in vielen Opernhäusern: Wie schätzen Sie die aktuelle Situation der Wagner-Interpretation ein - nicht nur Bayreuth, auch Produktionen in "kleinen" Häusern wie Koblenz, Detmold, Coburg  ...  und renommierten Opern wie München, Berlin, Stuttgart, Essen?

Asshoff Der Trier-Luxemburger Verband  gestaltet Opernreisen mit Gruppen auch zu kleineren Häusern: Frankfurt: Die Walküre - Ludwigshafen: Die Walküre und Lüttich: Der Fliegende Holländer (um die letzten Fahrten zu nennen). Daneben auch  Einzelreisen in größere Häuser wie Bayreuth, München, Brüssel.  

Das Engagement der kleinen Häuser ist als großartig einzustufen. Je begrenzter die Mittel, desto mehr  muss sich ein Regisseur gedanklich in das Werk einarbeiten, um Feinheiten – auch in der Personenführung – darstellen zu können. Gelingt das, bedarf es in solchen Fällen  keiner aufwändigen Kulisse. Es wird also auch in der Provinz ein interessantes Wagner-Theater geboten. 

Bayreuth ist leider von einer stilbildenden - zu einer experimentierenden Bühne mutiert. Wenn ich an den Opfertod der Elisabeth im Tannhäuser in einer Gaskammer denke, so frage ich mich, wo in unserer Situation an diesem Ort das Feingefühl bleibt. Auch frage ich mich, ob denn bei den jungen „wilden“ Regisseuren überhaupt keine Kontrolle der Konzeption  mehr stattfindet. Diese Auswüchse fügen Bayreuth einen erheblichen Schaden zu.

Opernnetz Die Ring-Saga der eigentlich wagner-fremden portugiesischen Oper Porto fand nach Strasbourg, Paris, Nimes, Caen und Reims in Luxemburg ein begeistertes Publikum. Können Sie sich vorstellen, daß solche unkonventionellen Formen eine - historisch, musikalisch, ideologisch - neue Phase der Wagner-Präsentation beeinflussen können ? Und: Wie sollte Bayreuth auf diese flächendeckenden "Popularisierungen" reagieren?

Asshoff Die Ring-Saga-Performance liegt im Trend der Zeit. Kurz und bündig! Solange das Wesentliche im Werk Wagners bewahrt - und nichts verfälscht wird, kann man das mittragen. Die Art und Weise, wie in Luxemburg Wagner gespielt wurde, hat mich über lange Strecken regelrecht begeistert. Bei den Solisten wurde allerdings zu wenig Qualität investiert. Dieser Wotan konnte weder in der regierenden noch in der leidenden Phase überzeugen. Das Orchester war besonders in den Bläser-Partien grandios. Eine hervorragende Idee, die Bläser mit einer kleinen Orgel zu unterlegen, um dadurch einen fülligeren Klang zu erhalten.

Das Publikum in Bayreuth wird geteilt reagieren: Die Herrschaften, die schon dem Wagner-„Rausch“ erlegen und unbeweglich sind, werden diese Popularisierung entschieden ablehnen, die Jugend wird sie befürworten. Auf das Geschehen im Festspielhaus wird das alles keinen Einfluss nehmen. Hier steht das Bewahrende durch Deutungsexperimente auf dem Spiel. 

Die Fragen stellte Franz R. Stuke am 8.12.2011.

 


Heinz Asshoff sprach den deutschen Teil der Einführung.


Jean-Paul Bettendorff übernahm den französischen Teil (rechts).


Istvan Denes, früher GMD Theater Trier, sorgte für Musikbeispiele.

Fotos: Ursula Block