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BACKSTAGE

3 FRAGEN-3 ANTWORTEN


Klaus Weise

Klaus Weise, 1951 in Gera geboren, studierte an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film sowie Philosophie, Germanistik und Theaterwissenschaft. Von 1975 bis 1978 arbeitete er als Regieassistent am Deutschen Schauspielhaus Hamburg und war danach als freischaffender Regisseur tätig. Sein Regiedebüt gab er in Kiel, es folgten Inszenierungen in Tübingen, Gießen, München, Karlsruhe und Mannheim. 1985 erhielt er den Förderpreis für junge Bühnenschaffende der Dr.- Otto-Kasten-Stiftung. 1986 wurde Weise leitender Regisseur am Düsseldorfer Schauspielhaus und 1989/90 Schauspieldirektor am Staatstheater Darmstadt, bevor er 1991/92 die Intendanz des Theaters Oberhausen übernahm. 1995 inszenierte er Shakespeares Was Ihr wolllt am Schauspielhaus Zürich und gab 1997/98 sein Regiedebüt am Wiener Burgtheater mit Higgins Harold and Maude. Klaus Weise hat sich auch als Filmregisseur einen Namen gemacht: seine Filmographie umfasst Arbeiten für das ZDF (Die Zeit dazwischen, Die Freitreppe, Peter Eschbachs Herz), den WDR (Portia) und das Kino (Rauhnacht). Seit 2003 ist Klaus Weise Generalintendant des Theater Bonn und inszeniert hier sowohl im Schauspiel als auch in der Oper. 2010/11 waren im Bonner Schauspiel seine Neuinszenierungen von Hedda Gabler, Das Ende des Regens und Geschichten aus dem Wiener Wald sowie im Opernhaus die Neuinszenierung der Schreker-Oper Irrelohe zu sehen. Zudem eröffnete Klaus Weise die Schwetzinger Festspiele 2011 mit der Uraufführung Bluthaus von Georg Friedrich Haas und Händl Klaus. 2011/12 entwickelte er das Außenprojekt Der entfesselte Fidelio oder Das Blut der Freiheit und inszenierte Schrekers Oper Der ferne Klang sowie Tschechows Der Kirschgarten. In der Spielzeit 2012/13 führte er Regie in Hindemiths Das Einakter-Triptychon und inszeniert im Schauspiel Kleists Lustspiel Der zerbrochene Krug sowie die Uraufführung Die Damen von Warten von Sibylle Berg.

 


 

Backstage-Archiv

Das Backstage-Archiv ist alphabetisch nach den Nachnamen der Gesprächspartner geordnet.

 

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Schluss mit falscher Umverteilung

Ein Jahrzehnt lang hat Klaus Weise die Geschicke des Bonner Theaters gelenkt. Sein letztes Jahr ist, gemessen an Zuschauerzahlen und Einnahmen, zugleich sein bestes. Weise ist wie sein Theater: Er eckt zu Gunsten der Sache gern mal an. Das hat seiner Intendanz Gewicht verliehen. Dass er angesichts politischer Entscheidungen seinen Vertrag nicht verlängert hat, hat ihm nicht nur beim Bonner Publikum viel Respekt eingebracht.

Opernnetz Nach zehn Jahren nehmen Sie Abschied vom Bonner Theater. Und wie wir Ihrer öffentlichen Absage der Teilnahme an der Thespis-Verleihung entnehmen konnten, durchaus nicht im Frieden. Aus Anlass Ihres Abschieds ist ein Buch erschienen, das sich zur Aufgabe stellt, ein Jahrzehnt Intendanz Klaus Weise zu bilanzieren. Herausgekommen ist eine ziemliche Lobhudelei. Ohne Ihre Verdienste schmälern zu wollen: Hätte in einer kritischen Auseinandersetzung nicht die größere Chance gelegen, wäre sie nicht vielleicht auch ein wenig zeitgemäßer gewesen?

Klaus Weise Wir hatten verschiedene kulturell Interessierte und Kulturschaffende aus Bonn angeschrieben und sie um einen kurzen Text für die Chronik gebeten. Diese Texte haben wir in der Chronik veröffentlicht und damit ist diese Chronik auch ein Votum der Bonner Bürgerinnen und Bürger für ihr Theater. Gerade jetzt, da der Bonner Oberbürgermeister kaum eine Gelegenheit auslässt, das Bonner Theater wegen seiner öffentlichen Finanzierung anzuprangern und auch seit Jahren keine Vorstellung mehr im Bonner Theater besucht hat, sind diese Pro-Theater-Stimmen schon äußerst wichtig.

Opernnetz Das Buch zeigt den Blick zurück aus vielen verschiedenen Augen. Ihrem dann zumindest mahnenden Vorwort folgen die Zeilen an einen verstorbenen Freund. Was wir nicht gefunden haben, ist die Sicht nach vorne, die Perspektive. Sie haben ja auch eine Vertragsverlängerung im Hinblick auf die geplanten weiteren Etatkürzungen abgelehnt. Ist auf kurz oder lang Schluss mit dem Theater Bonn? Oder hat es nicht zumindest eine Existenzberechtigung als Stadttheater, das seine Bürgerinnen und Bürger mit – einer wie auch immer gearteten – Kultur versorgt?

Weise Mit Prophezeiungen soll man vorsichtig sein, erst recht, wenn man die Zukunft am Theater Bonn nicht mehr selbst gestaltet. Nur all zu oft wurde eine Einsparung mit „und dann steht das Theater auf sicheren Füßen“ oder „damit wäre dann eine Basis für die Zukunft geschaffen“ und ähnlichen Sätzen kommentiert. Leider waren die erfolgten Einsparungen für die Bonner  Politik bisher nur die Einläutung zur nächsten Sparrunde.

Opernnetz Ein letzter Blick auf den Rhein vom Balkon des Bonner Opernhauses aus: Panta rhei oder geht alles den Bach ab? In „Ihrem“ Buch finden wir nur andeutungsweise Äußerungen über die Gesamtlage. Ein Oberbürgermeister von Bonn steht ja nur in der langen Schlange der Politiker, die einen radikalen Kulturabbau zugunsten von Entertainment und Mainstream betreiben. Was können oder müssen die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland tun, um sich gegen den Raub ihrer Identität zu wehren – und welche Aufgaben kommen dabei in Zukunft den Intendanten deutscher Theaterhäuser zu?

Weise Dass der Oberbürgermeister von Bonn einen radikalen Abbau des Theater Bonn betreibt, steht außer Frage. Ob er dies zugunsten von Entertainment und Mainstream tut, weiß ich nicht. Mir sind nur Äußerungen des Bonner Oberbürgermeisters bekannt, in denen er anregt, mit den Einsparungen, die beim Theater seiner Ansicht nach noch möglich wären, den Sport und die freie Kulturszene mit höheren Mitteln zu fördern.

Natürlich ist zu befürchten, dass Entertainment und Mainstream an Stelle eines Theaters treten, das den kritischen Dialog mit der Gegenwart sucht und Nachwuchsdramatiker wie auch neue künstlerische Handschriften von jungen Regisseuren fördert. Das wären die Folgen, wenn sich auch die Theater zukünftig der Quote unterwerfen und nur noch auf Einnahmen und Zuschauerzahlen konzentrieren müssten. Wahrscheinlich wird es dann aus Kostengründen keine festen Ensembles in Musiktheater, Schauspiel und Tanz mehr geben können.  Eine andere Konsequenz der Kürzungen im Theater ist, dass es zahlreiche Arbeitslose geben wird, für die die Politik wieder soziale Mittel aufbringen muss.

Die Bürgerinnen und Bürger müssten den Politikern gegenüber klarstellen, dass sie auf ihr eigenständiges Stadttheater nicht verzichten wollen.  Wichtig für die Theater ist, ihrem Publikum auch weiterhin ein lebendiges und künstlerisch anspruchsvolles Programm zu bieten und die Sparpläne nicht bereitwillig anzunehmen. Das gesellschaftliche und politische Klima muss sich zugunsten der Theater ändern. Es sollte genauer geschaut und öffentlich gemacht werden, wofür das bei den Theatern eingesparte Geld verwendet wird und welche anderen Bereiche seitens der Politik finanziell hoch unterstützt werden.

Die Fragen stellte Michael S. Zerban am 15.7.2013.

 


Abschied nach zehn Jahren: In dem
Buch kommen Wegbegleiter und
Bonner Bürger noch einmal zu Wort.


Eine der umstrittenen Auftragsarbeiten
war Norma in der Inszenierung von
Florian Lutz. Anecken, provozieren
und Fragen stellen - das gehört zu
Weises Philosophie.


Bluthaus gehört mit Sicherheit zu den
besten Inszenierungen von Weise, mit
denen er auch in Bonn beeindruckte.


Ballett? Von der Politik gestrichen.
Trotzdem lockte Weise mit Gastspielen
das Publikum ins Bonner Haus.


Nicht jede Produktion musste ein Erfolg
sein. Wichtiger war: Diskussion, Dialog.
So führte Klaus Weise das Theater
Bonn zum Erfolg.

Fotos: Theater Bonn