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BACKSTAGE

3 FRAGEN-3 ANTWORTEN


Ryuichi Higuchi

Ryuichi Higuchi ist Hochschullehrer für Musikwissenschaft an der Meiji Gakuin Universität in Tokio und künstlerischer Leiter der Bach-Akademie Meiji Gakuin Tokio. Der Professor ist weltweit als Chor- und Orchesterdirigent, ferner mit musikwissenschaftlichen Vorträgen präsent. Higuchi, 1946 in Tokio geboren, absolvierte ein Studium der Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Ästhetik an der Keio Universität in Tokio. An der Universität Tübingen promovierte er in Musikwissenschaft und studierte Dirigieren. Als Chorleiter war er an der Marienkirche in Stuttgart tätig.

Higuchi ist Vizepräsident der Internationalen Musikwissenschaftlichen Gesellschaft. In Japan gehört er zu den führenden Musikwissenschaftlern und Musikern. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, auch im Ausland, so 2001 das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst für seine Verdienste bei der Verbreitung der Werke von J. S. Bach und Arnold Schönberg. Higuchi gastierte zuletzt in Deutschland als Dirigent beim Bachfest Leipzig 2006 sowie bei den „Japanisch-deutschen Klänge“ im Konzerthaus Berlin im November 2013.


 

Backstage-Archiv

Das Backstage-Archiv ist alphabetisch nach den Nachnamen der Gesprächspartner geordnet.

 

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Hoffnung auf die Gurlitt-Renaissance

Das Staatstheater Darmstadt hat in der aktuellen Spielzeit die Oper Wozzeck des deutschen  Komponisten Manfred Gurlitt (1890-1972) auf die Bühne gebracht, zusammen mit der bekannteren Komposition gleichen Namens von Alban Berg. Gurlitt, marginal der derzeit im Licht der Öffentlichkeit stehenden Kunsthändler-Dynastie um Hildebrand Gurlitt zuzurechnen, emigrierte 1939 vor dem NS-Regime nach Tokio. Ryuichi Higuchi, einer der ersten Kenner der Musik- und Opernszene Japans, wertet das Darmstädter Experiment als Signal. Er wünscht sich eine intensivere Wahrnehmung des Komponisten und seiner Werke.

Opernnetz Wie lebendig ist Manfred Gurlitt im heutigen Musikleben Japans?

Ryuichi Higuchi Gurlitt war in Japan hauptsächlich als Dirigent und als Vater der japanischen Opernwelt bekannt, ganz wenigen als Komponist. Spezialisten kennen wohl am ehesten seine Oper Wozzeck. Die Alban-Berg-Gesellschaft Japans veranstaltete 1986 ein Gurlitt-Symposium. Angeregt wurde das vom Dirigenten Hiroshi Wakasugi. Zu dem Zeitpunkt war ich Generalsekretär dieser Gesellschaft. Von dem Symposium sind wertvolle  Anregungen ausgegangen. So erschienen im Alban Berg Jahrbuch 1989-90 mehrere Beiträge über Manfred Gurlitt. Heute ist sein Name nur noch einigen Experten ein Begriff. Ich bedauere das sehr.

Opernnetz In Darmstadt ist jetzt seine Oper Wozzeck auf die Bühne gekommen. Zusammen mit dem Wozzeck von Alban Berg. Wird Gurlitts Wozzeck  in japanischen Opernhäusern aufgeführt? Oder sind andere seiner Kompositionen, etwa Orchesterstücke, im Programm von Konzerthäusern Japans?

Higuchi Gurlitts Wozzeck ist zuletzt in Japan 2000 von Gerd Albrecht aufgeführt worden. Ich fände es schön, wenn von dem Darmstädter Experiment mit Berg und Gurlitt Impulse ausgehen könnten, die von Opernmanagern in Japan aufgegriffen würden. Es wäre auch eine Hilfe, wenn die Aufführungen in Darmstadt eine gewisse Wozzeck-Renaissance einleiten würden. Kompositionen Gurlitts für Orchester sind eher in den Konzertsälen unseres Landes anzutreffen. Im Mai 2000 dirigierte Hiroshi Wakasugi mehrere Orchester-Stücke in einem Gedenkkonzert des Tokyo Philharmonic Orchestra mit Ausschnitten aus der Gurlitt-Oper Soldaten. Im November 2000 dirigierte Gerd Albrecht den Gurlitt-Wozzeck konzertant mit dem Yomiuri Nippon Symphony Orchestra. Elf Jahre später gab es unter der musikalischen Leitung von Dan Ettinger Ausschnitte aus Gurlitts Nana mit dem Tokyo Philharmonic Orchestra. Immerhin. 

Opernnetz Japan und die Oper 2014: Was bestimmt die Agenda? Was sind bevorstehende große Ereignisse?

Higuchi Es gibt in Japan nur zwei bedeutsame Opernhäuser. Das Opernjahr 2014 in Tokio, in meiner Stadt, steht im Zeichen des bewährten Repertoires. Neue Produktionen der Japanischen Oper Tokio sind im März Korngolds Die tote Stadt. Regisseur wird Kasper Holten sein, der Dirigent Jaroslav Kyzlink. Den Paul singt Torsten Kerl, die Marie Meagan Miller. Im Oktober schließt sich dann Parsifal in einer Inszenierung von Harry Kupfer unter der musikalischen Leitung von Iimori Taijiro an, gefolgt von Manon Lescaut (Deflo/Morandi). Wir freuen uns auch wieder auf Gastspiele von Opernhäusern Europas, so vom Teatro dell'opera di Roma unter der Leitung von Riccardo Muti mit Nabucco und Simon Boccanegra im Mai und Juni sowie von der Opera National de Lyon unter der Leitung von Kazushi Ohno mit Les Contes d'Hoffmann im Juli.

Die Fragen stellte Ralf Siepmann am 20.2.2014.

 


Ryuichi Higuchi gilt als Kenner der
Musik- und Opernszene Japans. Er
wünscht sich eine Renaissance der
Werke des Komponisten Manfred
Gurlitt.


Das Staatstheater Darmstadt hat einen
Wozzeck-Doppelabend inszeniert.


Intendant John Dew hat die Fassungen
von Gurlitt und Alban Berg einander
gegenüber gestellt.


Die Werke des Komponisten Manfred
Gurlitt sind auch in Japan eher in
Vergessenheit geraten.